Leitsatz
Wird die Hauptsache erst im Termin übereinstimmend für erledigt erklärt, bemisst sich die Terminsgebühr nach dem vollen Wert der Hauptsache und nicht nur nach dem Kosteninteresse.
OLG Koblenz, Beschl. v. 19.1.2009 – 14 W 30/09
I. Der Fall
In einem Rechtsstreit über 20.000,00 EUR hatten die Parteien im Termin die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren entstand Streit darüber, nach welchem Wert die Terminsgebühr zu berechnen sei, aus dem Wert der Hauptsache oder aus dem Wert des Kosteninteresses.
II. Die Entscheidung
Der angefochtene Beschluss hat die Terminsgebühr für den Kläger zutreffend aus dem Wert von 20.000,00 EUR bemessen, der zu Beginn der Sitzung maßgeblich war. Dass sich der Streitwert dann im Verlauf der Sitzung aufgrund der beiderseitigen Erledigungserklärungen auf das Kosteninteresse von 4.755,30 EUR ermäßigte, ist ohne Gewicht (OLG Köln OLGR 2006, 884).
Terminsgebühr entsteht mit Aufruf der Sache
Die streitige Terminsgebühr erfiel, als die Sache zum Aufruf (§ 220 Abs. 1 ZPO) gelangte (Bischof, in: RVG-Kompaktkommentar Nr. 3104 VV Rn 22). Sie knüpfte an das bloße Erscheinen des Prozessbevollmächtigten des Klägers und nicht an dessen spätere Antragstellung an. Deshalb hätte sie nur dann nach dem (geringeren) Kosteninteresse berechnet werden können, wenn die Erledigungserklärungen der Parteien oder zumindest die des Klägers schon in vorterminlichen Schriftsätzen abgegeben worden wären (OLG Düsseldorf OLGR 2007, 321).
III. Der Praxistipp
Die Berechnung der Gebühren bereitet häufig Probleme, wenn es zur Erledigung der Hauptsache kommt und die Parteien daraufhin den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklären. Die Abrechnung der Gebühren hängt letztlich davon ab, in welchem Stadium die übereinstimmenden Erledigungserklärungen abgegeben werden.
Keine Terminsgebühr bei schriftsätzlich erklärter Hauptsacheerledigung
Wird die Hauptsache schriftsätzlich übereinstimmend für erledigt erklärt, so kommt es in aller Regel nicht mehr zur Durchführung eines Verhandlungstermins, da das Gericht nach § 91a ZPO nur noch über die Kosten entscheiden muss und nach § 128 Abs. 3 ZPO die Kostenentscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen kann.
Nach Zustellung der Klage in Höhe von 20.000,00 EUR zahlt der Beklagte. Die Parteien erklären daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt und beantragen eine Kostenentscheidung, die sodann im schriftlichen Verfahren ergeht.
Erledigterklärung ist Sachantrag
Angefallen ist lediglich eine 1,3-Verfahrensgebühr, und zwar auch für den Anwalt des Beklagten. Die Erklärung des Rechtsstreits in der Hauptsache für erledigt ist bereits ein Sachantrag i.S.d. Nr. 3101 Nr. 1 VV, so dass damit die volle 1,3-Verfahrensgebühr ausgelöst wird.
Eine Terminsgebühr entsteht dagegen nicht. Zu einem gerichtlichen Termin ist es nicht gekommen. Eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV ist ebenfalls nicht angefallen. Zwar ist eine Entscheidung des Gerichts im schriftlichen Verfahren ergangen, jedoch nicht in einem Verfahren, das eine mündliche Verhandlung voraussetzt. Über die Kosten kann das Gericht nach § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Damit liegt kein Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung vor, so dass die Terminsgebühr nicht anfallen kann (BGH AGS 2007, 610; KG AGS 2007, 444; OLG Rostock AGS 2008, 283.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 20.000,00 EUR) |
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839,80 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
859,80 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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163,36 EUR |
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Gesamt |
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1.023,16 EUR |
Anders verhält es sich dagegen, wenn die Parteien vor Erledigung eine Besprechung i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV geführt haben. Dann ist bereits durch die Besprechung die Terminsgebühr aus dem vollen Wert der Hauptsache ausgelöst worden (KG AGS 2008, 65).
Terminsgebühr aus Kostenwert bei Termin nach schriftsätzlich erklärter Hauptsacheerledigung
Erklären die Parteien schriftsätzlich den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und kommt es dann doch noch zum Termin, in dem nur noch über die Kosten verhandelt wird, entsteht eine Terminsgebühr. Diese richtet sich allerdings jetzt nur noch nach dem Wert der Kosten. Mit übereinstimmender Erledigung entfällt die Rechtshängigkeit, so dass Gegenstand des Termins nur noch die Kostenfrage ist.
Nach Zustellung der Klage über 20.000,00 EUR beraumt das Gericht Termin an. Vor dem Termin wird gezahlt und der Rechtsstreit schriftsätzlich übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im Termin stellen die Parteien nur noch wechselseitige Kostenanträge. Das Gericht setzt den Wert der Kosten auf 4.755,30 EUR fest.
Angefallen ist jetzt eine Verfahrensgebühr aus dem Wert der Hauptsache sowie eine Terminsgebühr aus dem Wert der Kosten (§ 43 Abs. 2 GKG).
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 20.000,00 EUR) |
|
839,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 4.755,30 EUR) |
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361,20 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |