Leitsatz
Die obsiegende Partei ist durch einen zu niedrig festgesetzten Streitwert ausnahmsweise dann beschwert, wenn sie mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine Vergütungsvereinbarung getroffen hat, nach der die von ihr zu zahlende Vergütung streitwertunabhängig ist und sie im Falle einer Heraufsetzung des Streitwerts einen höheren Erstattungsanspruch gegen den Gegner durchsetzen könnte.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.8.2009 – 6 W 182/08
I. Der Fall
Die Antragsgegnerinnen hatten mit ihrem Anwalt eine Vergütungsvereinbarung geschlossen, nach der sich die zu zahlende Vergütung unabhängig vom zugrunde liegenden Streitwert berechnete. Nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens legten die Antragsgegnerinnen gem. § 68 GKG Beschwerde gegen die aus ihrer Sicht zu geringe Streitwertfestsetzung ein. Sie wollten mit der Anhebung des Streitwerts eine höhere Kostenerstattung erreichen.
II. Die Entscheidung des Gerichts
Die Beschwerde der Antragsgegnerinnen ist zulässig. Insbesondere ist die für die Zulässigkeit der Beschwerde erforderliche Beschwer gegeben. Die obsiegenden Antragsgegnerinnen sind durch den vom LG zu niedrig festgesetzten Streitwert beschwert, weil sie zur Überzeugung des Senats eine Honorarvereinbarung mit ihren Prozessbevollmächtigten geschlossen haben, die sich unabhängig von dem festgesetzten Streitwert berechnet.
Aufgrund des auf 80.000,00 EUR festgesetzten Streitwertes können die Antragsgegnerinnen die Festsetzung von Kosten in Höhe einer Gebühr nebst Auslagenpauschale, also in Höhe von 1.220,00 EUR netto verlangen. Die Antragsgegnerinnen haben substantiiert dargelegt, dass sie eine Honorarvereinbarung mit ihren Prozessbevollmächtigten getroffen haben.
Eine andere Frage ist es, ob die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerinnen tatsächlich den geforderten Gesamtrechnungsbetrag geltend machen dürfen. Dies ist jedoch zum einen deshalb nicht entscheidungserheblich, weil es für die erforderliche Beschwer bereits darauf ankommt, dass die Antragsgegnerinnen einer entsprechenden Honorarforderung ausgesetzt sind. Zum anderen reicht es aus, dass die Antragsgegnerinnen sich aus nachvollziehbaren Gründen einer Forderung in einer die gesetzlichen Gebühren übersteigenden Höhe ausgesetzt sehen. Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Streitwertbeschwerde ist nicht der Frage nachzugehen, ob die Parteien tatsächlich eine in jeder Hinsicht wirksame Honorarvereinbarung getroffen haben, und erst recht nicht der Frage, ob der Vergütungsanspruch in der geltend gemachten Höhe besteht.
III. Der Praxistipp
Die Entscheidung ist zutreffend und entspricht der ganz h.M.:
- OLG Düsseldorf AGS 2006, 188 m. Anm. N. Schneider = MDR 2006, 297;
- OLG Celle JurBüro 1992, 761;
- VGH München NVwZ-RR 1997, 195 = BayVBl 1997, 188;
- VGH Mannheim NVwZ-RR 2002, 900;
- OVG Hessen DÖV 1976, 607;
- Sächsisches OVG NJ 2004, 280 = SächsVGl 2004, 89;
- VGH Hessen KostRsp. VwGO § 146 Nr. 9 = ZMR 1977, 112;
- OVG Bautzen DÖV 2007, 172.