Leitsatz
Der Gebührentatbestand der Nr. 3103 VV ist eine Spezialvorschrift für die Berücksichtigung der Vorbefassung eines Rechtsanwaltes in einem dem gerichtlichen Verfahren vorausgehenden Verwaltungs- oder Vorverfahren, wobei er als lex specialis der Anwendung der Anrechnungsvorschrift der Anm. Abs. 2 zu Nr. 2503 VV vorgeht und eine kumulative Anwendung ausschließt. Wird danach ein Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe in einem sozialrechtlichen Vorverfahren tätig, so ist die dort verdiente Geschäftsgebühr der Nr. 2503 VV nicht auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV des anschließenden gerichtlichen Verfahrens anzurechnen.
SG Berlin, Beschl. v. 25.1.2010 – S 165 SF 1315/09 E
I. Der Fall
Im Rahmen der Prozesskostenhilfevergütung hatte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle folgende Gebühren und Auslagen festgesetzt:
Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV |
170,00 EUR |
abzüglich Beratungshilfegebühr Nr. 2503 VV |
-35,00 EUR |
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV |
29,45 EUR |
zusammen |
184,45 EUR |
Zur Begründung führte sie aus, nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 2503 VV sei die Geschäftsgebühr der Nr. 2503 VV zur Hälfte auf ein sich anschließendes gerichtliches Verfahren anzurechnen. Demnach sei hier ein Betrag von 35,00 EUR auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Die dagegen erhobene Erinnerung hatte Erfolg.
II. Die Entscheidung
Die Geschäftsgebühr ist nicht anzurechnen
Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV auf die gerichtliche Verfahrensgebühr scheidet aus. Zwar kann das Betreiben eines Geschäfts, welches sodann über die Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV zu vergüten ist, auch in der Vertretung in einem sozialgerichtlichen Vorverfahren liegen; jedoch folgt aus Nr. 3103 VV, dass eine Anrechnung ausgeschlossen sein muss. Ein Anwalt, der für eine bedürftige Partei tätig wird, darf nicht schlechter gestellt werden als ein Anwalt, der für den unbemittelten Mandanten im Rahmen der Beratungshilfe ein Vorverfahren führt. Beim Anwalt einer nicht bedürftigen Partei wird die im Vorverfahren verdiente Geschäftsgebühr der Nr. 2400 VV nicht auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens angerechnet (auch nicht zur Hälfte), sondern die Erleichterungen durch die Vorbefassung des Rechtsanwaltes werden ausschließlich über den niedrigeren Gebührenrahmen der Nr. 3103 VV berücksichtigt.
III. Der Praxistipp
Überwiegende Rspr. lehnt Anrechnung der Geschäftsgebühr ebenso ab
Die 164. Kammer des SG Berlin folgt damit ausdrücklich der 165. Kammer (AGS 2010, 34).
Ebenso:
A.A. (für eine Anrechnung)
- LSG Nordrhein-Westfalen AGS 2008, 347;
- SG Lüneburg AGS 2009, 231.