Leitsatz
1. Ist der Verfahrensbeistand in einer Kindschaftssache für mehrere Kinder bestellt, so erhält er die Pauschale nach § 158 Abs. 7 FamFG für jedes der von ihm betreuten Kinder gesondert.
2. Für die Entstehung des Vergütungsanspruches genügt es, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist.
BGH, Beschl. v. 15.9.2010 – XII ZB 268/10
1 I. Der Fall
Die Anwältin war in einer Kindschaftssache zum Verfahrensbeistand bestellt worden. Da an dem Verfahren Geschwister beteiligt waren, wurde die Anwältin für beide Kinder bestellt. Das Gericht hatte ihr dabei auch Aufgaben nach § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG übertragen. Für ihre Tätigkeit hat die Anwältin die Festsetzung ihrer Vergütung beantragt und dabei die Pauschale nach § 158 Abs. 7 FamFG von 550,00 EUR für jedes von ihr betreute Kind geltend gemacht. Die Rechtspflegerin setzte lediglich 39,87 EUR fest. Hiergegen wandte sich die Anwältin mit der Beschwerde. Das Beschwerdegericht setzte die Vergütung antragsgemäß auf 1.100 EUR fest. Gegen diese Entscheidung wurde durch die Staatskasse Rechtsbeschwerde eingelegt, die als unbegründet zurückgewiesen wurde.
2 II. Die Entscheidung
§ 158 Abs. 7 FamFG sieht gesonderte Pauschale für jedes betreute Kind vor
Der BGH hat der Anwältin die Pauschale für jedes von ihr betreute Kind zugesprochen. Sie beträgt nach § 158 Abs. 7 FamFG 350,00 EUR und bei der Übertragung von zusätzlichen Aufgaben nach § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG 550,00 EUR. Eine ausdrückliche Regelung, wie zu verfahren ist, wenn der Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt ist, enthält das Gesetz nicht. Der BGH folgt jedoch der überwiegenden Auffassung in Lit. und Rspr., wonach die Pauschale für jedes betreute Kind gesondert anfällt. Das legt schon der Wortlaut des § 158 FamFG nahe, wonach sich die Pauschalgebühr auf ein Kind bezieht. Aber auch die teleologische Auslegung der Norm spricht für eine gesonderte Vergütung, da eine restriktive Kostenregelung den Sinn und Zweck, einen effektiven Beistand zur Seite zu stellen, gefährden würde. Zudem wäre eine ausreichende Vergütung nicht mehr sichergestellt, wenn die Pauschale auch bei einer Mehrfachbestellung nur einmal gewährt würde.
3 III. Der Praxistipp
Die Entscheidung ist zutreffend und entspricht in allen Punkten der h.M.
Gesonderte Pauschale, aber keine Erstattung von baren Aufwendungen
Die Pauschale des § 158 Abs. 7 FamFG entsteht für jedes betreute Kind gesondert (so auch: OLG Dresden FamRZ 2011, 320; OLG Rostock FamRZ 2010, 1181; OLG Celle NJW 2010, 2446; OLG Stuttgart MDR 2010, 448; OLG München NJW-RR 2010, 1448; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 666). Sie deckt allerdings sämtliche entstandenen Aufwendungen und auch die Umsatzsteuer ab (§ 158 Abs. 7 S. 4 FamFG). Hierzu gehören neben Porto- und Kopierkosten auch die angefallenen Fahrtkosten des Verfahrensbeistands (BGH NJW 2010, 3446).
Umfang der Tätigkeit ist unerheblich, wenn sie über Beschlussempfang hinausgeht
Ist die Bestellung zum Verfahrensbeistand erfolgt, ist es unerheblich, in welchem Umfang der Anwalt tätig geworden ist. Es muss aber mehr getan werden, als nur den Bestellungsbeschluss entgegenzunehmen, jedoch muss die Tätigkeit des Verfahrensbeistands nicht nach außen in Erscheinung treten oder ein Schriftsatz bei Gericht eingereicht werden (OLG München NJW-RR 1448).
Bestellung und Übertragung besonderer Aufgaben müssen im Beschluss ausgesprochen sein
Der Anwalt muss daher darauf achten, dass in dem Bestellungsbeschluss eindeutig benannt wird, für welche Kinder er bestellt wird. Im Hinblick auf die erhöhte Pauschale ist zudem in den Beschluss aufzunehmen, dass Aufgaben nach § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG übertragen werden, da die erhöhte Vergütung nur festgesetzt werden kann, wenn die Feststellung durch das Gericht getroffen wurde.
Doppelte Fallpauschale auch bei Parallelbestellung
Die Fallpauschale des § 158 Abs. 7 FamFG ist auch dann gesondert zu gewähren, wenn die Bestellung in verschiedenen Kindschaftssachen parallel erfolgt (BGH MDR 2011, 232), da der Verfahrensbeistand im Rahmen eines konkreten Verfahrens zu bestellen ist. Ob verschiedene Angelegenheiten vorliegen, beurteilt sich u.a. nach § 151 FamFG, so dass die Bestellung in einzelnen dort aufgeführten Verfahren jeweils zu einem gesonderten Vergütungsanspruch führt.
Die auf 550,00 EUR erhöhte Pauschale entsteht für beide Verfahren jedoch nur dann, wenn das Gericht auch in beiden Verfahren eine Übertragung von Aufgaben nach § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG vorgenommen hat. Es ist daher möglich, dass in den Verfahren verschieden hohe Pauschalen entstehen können.
Keine Anrechnung der Pauschale
Eine Anrechnung der entstandenen Pauschalen findet auch bei einer Parallelbestellung nicht statt (BGH MDR 2011, 232; OLG Saarbrücken = ZKJ 2010, 378; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.9.2010 – 2 UF 256/10, juris). Sie sind daher in ungekürzter Höhe zu gewähren.
Eil- und Hauptsacheverfahren lassen Pauschale gesondert entstehen
Verschiedene Angelegenheiten sind auch das Hauptsacheverfahren und das Verfahren wegen Erlasses einer einstweiligen Anordnung. Es handelt sich wegen § 51 A...