Leitsatz
Eine ausdrücklich "namens und in Vollmacht der Partei" eingelegte Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes durch den Anwalt, mit der die Festsetzung eines höheren Wertes begehrt wird, ist unzulässig, da eine Partei grundsätzlich nicht durch eine zu niedrige Festsetzung des Gegenstandswertes beschwert sein kann.
LAG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2019 – 7 Ta 12/18
1 I. Der Fall
Im Verfahren vor dem ArbG hatten die Parteien einen Vergleich geschlossen und nach § 278 Abs. 6 ZPO dessen Zustandekommen feststellen lassen. Gegen den anschließend ergangenen Beschluss zur Festsetzung des Gegenstandswerts hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers "namens und in Vollmacht der Partei" Beschwerde erhoben und beantragt, den Verfahrenswert sowie den Vergleichsmehrwert höher festzusetzen. Das ArbG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem LAG vorgelegt. Das LAG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
2 II. Die Entscheidung
Berechnen sich die Anwaltsgebühren nicht nach dem Wert des gerichtlichen Verfahrens oder fehlt es an einem solchen Wert, dann ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 Abs. 1 RVG auf Antrag gesondert festzusetzen. Ein solcher Fall war hier gegeben, da nach Vorbem. 8 Abs. 1 GKG-KostVerz. im Falle eines Vergleichs keine Gerichtsgebühr erhoben wird.
Da sich jedoch die Gebühren des Anwalts nach dem Gegenstandswert richten (§ 2 Abs. 1 RVG), bedarf es insoweit einer Wertfestsetzung, die im gesonderten Verfahren nach § 33 RVG vorzunehmen ist. Gegen diese Wertfestsetzung ist nach § 33 Abs. 3 RVG die Beschwerde gegeben, die innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Festsetzungsbeschlusses einzulegen ist. Voraussetzung ist eine Beschwer von mehr als 200,00 EUR.
Keine Beschwer der Partei
Wird die Beschwerde im Namen der Partei eingelegt, kann sich die Beschwer nur daraus ergeben, dass der Wert zu hoch festgesetzt worden ist, weil die Partei dann ihrem eigenen Anwalt eine zu hohe Vergütung schuldet. Die Partei kann grds. durch eine zu niedrige Wertfestsetzung nicht beschwert sein. Durch eine zu niedrige Wertfestsetzung kann nur der Anwalt beschwert sein, da er an die Wertfestsetzung des Gerichts gebunden ist und bei einer unzutreffenden zu niedrigen Wertfestsetzung nur geringere Gebühren abrechnen kann. Nur ausnahmsweise kann eine Partei auch durch eine zu niedrige Wertfestsetzung beschwert sein, nämlich dann, wenn sie mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine wertunabhängige Vergütungsvereinbarung getroffen hat und durch eine Anhebung des Wertes einen höheren Kostenerstattungsanspruch erhalten würde. Diese Variante kam hier aber schon deshalb nicht in Betracht, da vor dem ArbG eine Erstattung der Anwaltskosten nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG nicht stattfindet. Angesichts der eindeutigen Erklärung, die Beschwerde namens und in Vollmacht der Partei einzulegen, kam auch eine Umdeutung nicht in Betracht.
3 III. Praxistipp
Beschwerdeberechtigung prüfen
Immer wieder ist zu beobachten, dass Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwertes, Geschäftswertes, Verfahrenswerts oder Gegenstandswerts an der Zulässigkeit scheitern, weil sie im Namen der falschen Partei erhoben worden sind. Erhöhungsbeschwerden sind grds. im Namen des Anwalts zu erheben und Herabsetzungsbeschwerden grds. im Namen der Partei. Dies sollte bei Einlegung der Beschwerde auch ausdrücklich erklärt werden, um Missverständnisse und Zweifel von vornherein zu vermeiden.
Korrektur von Amts wegen ist im Verfahren nach § 33 RVG ausgeschlossen
Zum Teil wird zwar die Auffassung vertreten, im Falle einer unzulässigen Beschwerde könne in den Fällen des § 63 GKG der Gegenstandswert von Amts wegen abgeändert werden (§ 63 Abs. 3 GKG). Unabhängig davon, ob man dieser Auffassung folgt, scheidet diese Variante jedenfalls im Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 RVG aus, da in diesen Wertfestsetzungsverfahren eine amtswegige Abänderung gerade nicht möglich ist.
AGKompakt 3/2019, S. 26