Leitsatz
Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs wirken nicht werterhöhend. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind.
BGH, Beschl. v. 30.1.2007 – X ZB 7/06
1 I. Der Fall
Die Klägerin nahm ihren Reiseveranstalter auf Minderung und Schadensersatz in Anspruch. Daneben begehrte sie mit der Klage Ersatz des nicht anrechenbaren Teils der vorprozessualen Geschäftsgebühr. Das AG hat die Klage abgewiesen und den Streitwert (ohne Berücksichtigung der Geschäftsgebühr) auf unter 600 EUR festgesetzt. Gegen diese Streitwertfestsetzung hat die Klägerin Beschwerde und gegen das Urteil Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Streitwertbeschwerde zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
2 II. Die Entscheidung
Geschäftsgebühr darf nicht berücksichtigt werden
Der BGH hat die Wertberechnung des Berufungsgerichts nicht beanstandet. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige 600 EUR nicht, da die anteilig geltend gemachte Geschäftsgebühr bei der Wertberechnung nicht berücksichtigt werden dürfe. Die Kosten des laufenden Prozesses seien nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits sei. Zu diesen Prozesskosten zählen nicht nur die durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern auch diejenigen Kosten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienten. Die geltend gemachten Beträge seien deshalb nicht werterhöhend, solange das Abhängigkeitsverhältnis zur Hauptforderung bestehe. Diese Berechnung gelte unabhängig davon, ob die Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet würden oder neben der Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags seien.
3 III. Der Praxistipp
Berechnung gilt auch für andere Streitwerte
Die Ausführungen des BGH beziehen sich zwar nur auf die Berechnung des Beschwerdegegenstandes. Sie gelten jedoch gleichermaßen für den Zuständigkeits- und den Gebührenstreitwert (§ 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG sowie § 23 Abs. 1 S. 1 RVG) und entsprechen der ganz h.M. Für den Streitwert sind die vorprozessualen Kosten erst und nur dann von Bedeutung, wenn sie – z.B. nach übereinstimmender Erledigungserklärung – ohne die Hauptsache geltend gemacht werden und damit alleiniger Streitgegenstand sind (vgl. BGH AGS 2008, 187).
Geschäftsgebühr als Nebenforderung einklagen
Die außergerichtlich entstandene Geschäftsgebühr kann also – wenn die Auseinandersetzung der Parteien in ein gerichtliches Verfahren übergeht – in voller Höhe kostenneutral als Nebenforderung eingeklagt werden. Erfolgt dies nicht, sondern eine Geltendmachung der Geschäftsgebühr durch eigene Klage, so droht der Einwand des Gegners, gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen zu haben. Denn bei einem eigenen Klageverfahren für die Geschäftsgebühr fallen natürlich weitere Gerichts- und Anwaltskosten an.
Bei selbständiger Klage droht Verstoß gegen Schadensminderungspflicht
Wird die Geschäftsgebühr nicht als Nebenforderung geltend gemacht, sondern durch eigene Klage, so droht der Einwand des Gegners, gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen zu haben. Denn bei einem eigenen Klageverfahren für die Geschäftsgebühr fallen natürlich weitere Gerichts- und Anwaltskosten an.