Entscheidungsstichwort (Thema)
Werterhöhung. Vorprozessuale Kosten der Rechtsverfolgung. Nebenforderung
Leitsatz (amtlich)
Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs wirken nicht werterhöhend (Anschluss BGH v. 30.1.2007 - X ZB 7/06, BGHReport 2007, 571).
Normenkette
ZPO § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Krefeld (Beschluss vom 21.02.2006; Aktenzeichen 3 S 1/06) |
AG Krefeld (Urteil vom 13.12.2005; Aktenzeichen 79 C 177/05) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Krefeld vom 21.2.2006 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 572,30 EUR
Gründe
I.
[1] Der Kläger nimmt die Beklagte auf Mietwagenkosten i.H.v. 572,30 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Daneben begehrt er den Ersatz des auf die Verfahrensgebühr nicht anrechenbaren Teils der vorprozessualen Geschäftsgebühr seines Prozessbevollmächtigten i.H.v. 33,93 EUR nebst Zinsen.
[2] Das AG hat die Beklagte mit Ausnahme der begehrten Zinsen beim Freistellungsanspruch antragsgemäß verurteilt. Den Streitwert hat es auf 572,30 EUR festgesetzt. Die Berufung hat es nicht zugelassen. Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, der Berufungswert werde überstiegen, da die geltend gemachten anrechnungsfreien vorgerichtlichen Anwaltskosten dem Streitwert hinzuzurechnen seien. Das Berufungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss die Berufung als unzulässig verworfen. Das AG habe den Streitwert zutreffend festgesetzt. Die vom Kläger geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten seien gem. § 4 Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen, weil es sich um eine Nebenforderung im Sinne dieser Vorschrift handle. Hiergegen richtet sich die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten.
II.
[3] Die Rechtsbeschwerde ist gem. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Ihre ursprünglich zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gegebene Zulässigkeit ist jedoch weggefallen, weil die hier maßgebliche Rechtsfrage inzwischen durch eine Entscheidung des BGH geklärt ist und das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat.
[4] Durch Beschluss des BGH vom 30.1.2007 (X ZB 7/06, BGHReport 2007, 571), der inzwischen in juris veröffentlicht worden ist und dem sich der entscheidende Senat anschließt, ist höchstrichterlich geklärt, dass vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs unabhängig davon, ob diese Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind, nicht werterhöhend wirken. Denn nach § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG und § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG bleiben Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bei der Wertberechnung unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden. Wie bei Zinsen besteht auch bezüglich der Kosten das Wesen einer Nebenforderung darin, dass sie vom Bestehen einer Hauptforderung abhängig ist. Das ist hier der Fall.
[5] Einem allgemeinen Grundsatz entsprechend sind die Kosten des laufenden Prozesses bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (§ 4 ZPO; vgl. BGH v. 24.11.1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 92 = GmbHR 1995, 301 = BRAK 1995, 131). Zu den Prozesskosten rechnen nicht nur die durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern grundsätzlich auch diejenigen Kosten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen (vgl. BGH, Beschl. v. 20.10.2005 - I ZB 21/05, MDR 2006, 776 = BGHReport 2006, 270 = NJW-RR 2006, 501; v. 30.1.2007 - X ZB 7/06, BGHReport 2007, 571 - Rz. 6). Soweit derartige Kosten zu den Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehören, können sie im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103, 104 ZPO, § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG geltend gemacht werden; soweit derartige Kosten nicht auf diesem Wege festgesetzt werden können, können sie auf der Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs Gegenstand einer Klage auf Erstattung dieser Kosten sein.
[6] Anspruchsvoraussetzung des materiell-rechtlichen Kostenersatzbegehrens ist das Bestehen einer sachlich-rechtlichen Anspruchsgrundlage, nämlich dass der Schuldner wegen einer Vertragsverletzung, Verzugs oder sonstigen Rechtsverletzung für den adäquat verursachten Schaden einzustehen hat. Wird der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig, so dass es sich bei dem zur Durchsetzung eines Anspruchs vorprozessual aufgewendeten und unter dem Gesichtspunkt des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemachten Geschäftsgebühren um Nebenforderungen i.S.v. § 4 ZPO handelt, solange die Hauptsache - wie hier - Gegenstand des Rechtsstreits ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind (vgl. BGH, Beschl. v. 30.1.2007 - X ZB 7/06, BGHReport 2007, 571 - Rz. 7 f. m.w.N.). Insoweit liegt der Fall anders als bei vorgerichtlichen Sachverständigenkosten im Verkehrsunfallhaftpflichtprozess, wenn diese als eine von mehreren Schadenspositionen geltend gemacht werden und der Sache nach als Herstellungskosten anzusehen sind (vgl. Senatsbeschluss v. 13.2.2007 - VI ZB 39/06, BGHReport 2007, 522 = z.V.b.).
Fundstellen