Leitsatz

Findet zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien im Berufungsverfahren eine Besprechung statt und wird hiernach die Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückgenommen, entsteht gleichwohl eine Terminsgebühr.

OLG München, Beschl. v. 29.7.2009 – 11 W 1850/09

I. Der Fall

Nach Einlegung der Berufung hatte der Anwalt des Klägers den Anwalt des Beklagten angerufen. Dieser empfahl ihm, die Berufung zurückzunehmen, was der Prozessbevollmächtigte des Klägers ablehnte, der aber seinerseits die Frage einer gütlichen Einigung ansprach. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten bot daraufhin eine Vergleichszahlung an. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärte Vergleichsbereitschaft. Allerdings scheiterte ein Vergleich angesichts des vom Kläger als zu gering angesehenen vorgeschlagenen Betrages. Das Berufungsverfahren endete schließlich ohne einen gerichtlichen Termin zu Lasten des Klägers, wobei sich aus dem vom Gericht mitgeteilten Sachverhalt nicht ergibt, ob die Berufung zurückgenommen oder nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wurde.

II. Die Entscheidung

Das LG hat auf diesen Sachverhalt hin für das Berufungsverfahren eine Terminsgebühr mit festgesetzt. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Klägers hatte keinen Erfolg.

Die Terminsgebühr fällt bereits dann an, wenn der Gegner einen Vergleichsvorschlag zur Kenntnis nimmt

Eine Terminsgebühr kann nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV auch dadurch ausgelöst werden, dass die Beteiligten ohne Mitwirkung des Gerichts telefonische Besprechungen führen (BGH AGS 2006, 488 = AnwBl 2006, 676; BGH AGS 2007, 129 = AnwBl 2007, 238; OLG Koblenz AGS 2005, 278 = AnwBl 2005, 586). Diese fällt bereits dann an, wenn der Gegner eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Erklärung, hier also einen Vergleichsvorschlag, zur Kenntnis nimmt. Entsprechend der gesetzgeberischen Intention sind nämlich an das Merkmal einer auch telefonisch durchführbaren Besprechung keine besonderen Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist lediglich die Bereitschaft, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung eines Verfahrens einzutreten. Nur dann, wenn der Gegner von Vornherein ein sachbezogenes Gespräch oder eine Einigung verweigert, kommt eine Besprechung bereits im Ansatz nicht zustande. Lässt sich aber der Gegner – wie hier – auf ein Gespräch ein, indem er die unterbreiteten Vorschläge zur Kenntnis nimmt und deren Prüfung zusagt, sind die Voraussetzungen einer Besprechung nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV gegeben. Insoweit ist es ohne Bedeutung, ob die Einigung auch zustande kommt (BGH AGS 2007, 129 = AnwBl 2007, 238; BGH AGS 2008, 408 = NJW 2008, 2993).

III. Der Praxistipp

Die Terminsgebühr muss nicht unstreitig sein, sondern nur glaubhaft gemacht werden

Entgegen der früheren Rspr. des BGH (AGS 2007, 129 = AnwBl 2007, 238; RVGreport 2007, 103 = NJW-RR 2007, 787) muss eine Terminsgebühr, die durch außergerichtliche Besprechungen entstanden ist, nicht zwischen den Festsetzungsparteien unstreitig sein. Vielmehr kommt eine Festsetzung auch dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen der Gebühr streitig sind. In diesem Fall muss der Antragsteller mit den Mitteln des § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO den Anfall glaubhaft machen (so zur Einigungsgebühr BGH AGS 2007, 366 = AnwBl 2007, 551). Gelingt ihm dies, ist die Terminsgebühr festzusetzen. Gelingt ihm dies nicht, ist sie abzusetzen.

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