Leitsatz
Wird ein im schriftlichen Vorverfahren ergangenes Versäumnisurteil im späteren Endurteil aufgehoben und werden dort die Kosten der Säumnis nach § 344 ZPO dem Beklagten vorab auferlegt, zählt dazu nicht die auf Klägerseite entstandene 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV.
AG Bremen, Beschl. v. 19.6.2009 – 23 C 385/07
I. Der Fall
Im schriftlichen Vorverfahren war gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil ergangen. Hiergegen hatte er Einspruch eingelegt. Daraufhin wurde mündlich verhandelt. In seinem Endurteil hob das Gericht dann das Versäumnisurteil auf und wies die Klage ab. Die Kosten des Rechtsstreits legte es dem Beklagten auf, wobei es allerdings nach § 344 ZPO die Kosten der Säumnis austrennte und diese vorab dem Kläger auferlegte.
Im Kostenfestsetzungsverfahren meldete der Kläger daraufhin eine 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV zur Festsetzung an. Er war der Auffassung, dass diese anteiligen Kosten säumnisbedingt seien. Der Rechtspfleger hat die Kosten des Beklagten in vollem Umfang berücksichtigt und davon eine 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV nebst Auslagenpauschale abgezogen und nur den Restbetrag festgesetzt. Dagegen hat der Beklagte Erinnerung eingelegt, die Erfolg hatte.
II. Die Entscheidung
II. Die Entscheidung
Der Beklagte kann die Erstattung seiner Anwaltskosten in Höhe einer 1,3-Verfahrensgebühr und einer 1,2-Terminsgebühr zuzüglich Postpauschale in voller Höhe verlangen, ohne dass hiervon ein Abzug für eine 0,5-Terminsgebühr nebst Pauschale vorzunehmen wäre.
Die 0,5-Terminsgebühr zählt nicht zu den Kosten der Säumnis
Bei der 0,5-Terminsgebühr für das Versäumnisurteil, die dem Klägervertreter zunächst nach Nrn. 3104, 3105 VV entstanden ist, handelt es sich nicht um Kosten der Säumnis i.S.d. § 344 ZPO, nachdem mit Endurteil das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen worden ist.
Die 0,5-Terminsgebühr geht in der späteren vollen Terminsgebühr auf
Die für das Versäumnisurteil zunächst angefallene 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV ist in der höheren 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aufgegangen (KG AGS 2008, 591 = Rpfleger 2009, 51 = KGR 2008, 1007 = JurBüro 2008, 647 = VRR 2008, 403 = RVGreport 2009, 17). Die 0,5-Terminsgebühr entsteht nicht etwa neben der 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104. Insoweit hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Regelung anders ist als nach der BRAGO, nach der gem. § 38 BRAGO die 5/10-Terminsgebühr für das Versäumnisurteil bestehen blieb und neben einer späteren 10/10-Verhandlungsgebühr geltend gemacht werden konnte. Ein solcher Fall ist aber nach dem RVG nicht mehr gegeben, so dass insoweit keine Mehrkosten der Säumnis entstehen.
III. Der Praxistipp
Säumniskosten sind nur „Mehrkosten“
Die Entscheidung ist zutreffend. Nach dem RVG können keine säumnisbedingten Anwaltsgebühren entstehen. Voraussetzung ist, dass Mehrkosten durch das Versäumnisurteil ausgelöst werden. Ein solcher Fall ist nach dem RVG aber nicht denkbar. Das Versäumnisurteil löst zwar Kosten aus, aber keine „Mehrkosten“, weil die Terminsgebühr für das Versäumnisurteil in der vollen Terminsgebühr später aufgeht.
Säumniskosten sind grundsätzlich nur bei Auslagen denkbar, also Anwalts- oder Parteireisekosten.
Zu der Frage, ob der Wegfall der Gerichtskostenermäßigung infolge eines Versäumnisurteils als säumnisbedingte Mehrkosten angesehen werden kann, siehe AG Hannover AGS 2010, 305.