Leitsatz
Der zusammen mit dem Hauptsacheantrag gestellte Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes führt nicht zu einer Erhöhung des Verfahrenswertes.
OLG Köln, Beschl. v. 7.5.2010 – 4 WF 27/10
I. Der Fall
Der Antragsteller hatte den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Ehewohnung beantragt und gleichzeitig einen Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, gestellt. Das FamG hat den Wert des Verfahrens nur nach dem Antrag zur Ehewohnung bemessen. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer. Sie monieren, dass das FamG für den Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld keinen zusätzlichen Wert festgesetzt habe.
II. Die Entscheidung
Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld führt nicht zur Werterhöhung
Das OLG hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Der Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld stelle nämlich keine besondere Angelegenheit dar, die der Anwalt gesondert in Rechnung stellen könne. Vielmehr sei das Ausbringen dieses Antrags beim Prozessgericht gem. § 19 Abs. 2 Nr. 5 RVG mit der Verfahrensgebühr abgegolten, weil es sich um eine unbedeutende Vorbereitungs- bzw. Nebentätigkeit handele, die mit dem Verfahren zusammenhänge (vgl. Hartmann, KostG, 34. Aufl., § 19 RVG Rn 55).
III. Der Praxistipp
Die Entscheidung ist im Ergebnis zutreffend; die Begründung ist falsch.
Wertfestsetzung hängt nicht von den anfallenden Anwaltsgebühren ab
Hier ging es um eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG. Die Wertfestsetzung hat aber nichts damit zu tun, ob gesonderte Anwaltsgebühren anfallen oder nicht. Das Gericht hat den Wert für die Gerichtsgebühren festzusetzen (§ 63 Abs. 2 GKG). Dieser Wert ist unabhängig davon, ob der Anwalt eine Vergütung erhält und gegebenenfalls welche.
Insoweit hat das Gericht aber im Ergebnis zu Recht eine Erhöhung des Wertes abgelehnt, da der Androhung eines Ordnungsgeldes im Erkenntnisverfahren kein zusätzlicher Wert neben dem Leistungsanspruch zukommt. Die Androhung eines Ordnungsgeldes dient der Durchsetzung des Leistungsanspruchs und ist lediglich eine begleitende Anordnung. Unabhängig von dem Wert dieses zusätzlichen Ausspruchs besteht zum Hauptanspruch eine wirtschaftliche Identität, zumindest ein Additionsverbot, was einer Werterhöhung entgegensteht.
Bei den Anwaltsgebühren ist zu differenzieren
Interessanter ist der Fall hinsichtlich der Anwaltsvergütung. Zu differenzieren ist hier wie folgt:
Androhung des Ordnungsgeldes im Erkenntnisverfahren zählt zum Rechtzug
Der Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes bereits wird im Erkenntnisverfahren gestellt:
In diesem Fall – wie hier – zählt die Tätigkeit mit zum Rechtszug. Dies folgt allerdings nicht – wie das OLG meint – aus § 19 Abs. 2 Nr. 5 RVG. Diese Vorschrift gilt nämlich nur für die Vollstreckungsverfahren nach § 18 Nr. 1 RVG und für die Vollziehungsverfahren nach § 18 Nr. 2 RVG. Die Rechtsfolge ergibt sich vielmehr bereits aus der allgemeinen Vorschrift des § 19 Abs. 1 S. 1 RVG. Es handelt sich – wie das OLG zu Recht ausführt – um Nebentätigkeiten, die mit dem Rechtszug oder dem Verfahren zusammenhängen. Eine gesonderte Vergütung wird dadurch nicht ausgelöst.
Selbstständige Androhung ist Vollstreckungstätigkeit
Der Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes wird nach Abschluss des Erkenntnisverfahren gestellt:
In diesem Fall gilt zunächst einmal § 18 Nr. 1 oder 2 RVG. Die Tätigkeit des Anwalts auf Erlass eines Beschlusses, mit dem ein Ordnungsgeld angedroht werden soll, ist bereits eine Tätigkeit der Zwangsvollstreckung (Kintzel/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung, Rn 7.116; BGH NJW 1992, 749) und löst neben der Vergütung im Hauptsacheverfahren eine gesonderte Vergütung aus. Der Anwalt erhält hierfür eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV nebst Auslagen und Umsatzsteuer.
Dies gilt auch dann, wenn der Anwalt bereits im Erkenntnisverfahren tätig war. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist die Vollstreckungstätigkeit auch für diesen Anwalt eine gesonderte Angelegenheit, die die Gebühren nach Nr. 3309 VV auslöst.
Kosten der selbstständigen Androhung sind erstattungsfähig
Eine andere Frage ist allerdings, ob diese zusätzliche Vergütung nach § 788 ZPO erstattungsfähig ist oder ob man dem Gläubiger vorhalten kann, er hätte den Ordnungsgeldantrag bereits im Erkenntnisverfahren stellen müssen. M.E. gibt es keine solche Pflicht, die Androhung eines Ordnungsgeldes bereits im Erkenntnisverfahren aussprechen zu lassen. Im Übrigen kann der Schuldner diese zusätzlichen Kosten leicht vermeiden, indem er sich rechtstreu verhält. Daher dürfte auch für den gesonderten Antrag von einer Erstattungsfähigkeit nach § 788 ZPO auszugehen sein.
Verfahren auf Verhängung des Ordnungsgeldes ist keine neue Angelegenheit
Erst wenn auf die Androhung dann ein Verfahren auf Verhängung des Ordnungsgeldes folgt, greift § 19 Abs. 2 Nr. 5 RVG. Die zwingend vorausgehende Androhung des Ordnungsgeldes und die anschließende Verurteilung zur Zahlung des Ordnungsgeldes sind eine einzige Angelegenheit, so dass die durch die Androhung bereits ausgelöste 0,3-Verfahrensgebühr der Nr. 3309 VV insgesamt nur ei...