Einführung
Vorschrift des § 35 RVG ist zu beachten
Ist der Anwalt im Rahmen eines erbrechtlichen Mandats mit steuerrechtlichen Angelegenheiten befasst, ist zunächst die vorrangige Verweisung in § 35 RVG auf die Gebühren der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) zu beachten. Nur soweit diese Verweisung nicht greift, ist nach dem RVG abzurechnen. Im Einzelnen gilt Folgendes:
I. Abgabe einer Erbschaftssteuererklärung
Verweisung auf die StBVV
Die Abgabe einer Erbschaftssteuererklärung ist eine Hilfeleistung bei der Erfüllung allgemeiner Steuerpflichten, sodass sich die Vergütung des Anwalts nach § 35 RVG i.V.m. der StBVV richtet. Für die Abgabe der Erbschaftssteuererklärung gilt daher kraft der Verweisung des § 35 RVG die Vorschrift des § 24 Abs. 1 Nr. 12 StBVV.
Der Anwalt erhält danach 2/10 bis 10/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle A (Anlage 1) der StBVV. Der Gegenstandswert bemisst sich gem. § 24 Abs. 1 Nr. 12, 2. Hs. StBVV nach dem Wert des Nachlasses und beträgt mindestens 12.500,00 EUR.
Auslagen nach RVG
Die Auslagen wiederum richten sich nach dem RVG, da die Verweisung in § 35 RVG nur für Gebühren gilt.
Beispiel
Der Anwalt fertigt für den Mandanten die Erbschaftssteuererklärung (Wert des Nachlasses: 150.000,00 EUR). Ausgegangen werden soll von der Mittelgebühr.
1. |
0,6-Gebühr, § 35 RVG i.V.m. |
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1.054,80 EUR |
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§ 24 Abs. 1 Nr. 12 StBVV |
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(Wert: 150.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.074,80 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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204,21 EUR |
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Gesamt |
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1.279,01 EUR |
II. Vertretung im anschließenden Einspruchsverfahren
Im Einspruchsverfahren gilt RVG
Für die Vertretung in einem nachfolgenden Einspruchsverfahren ist immer das RVG anzuwenden, da die Vorschrift des § 35 RVG nicht auf die §§ 40 ff. StBVV verweist. Der Gegenstandwert ergibt sich aus § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG und richtet sich nach dem Wert der Steuerforderung; er beträgt aber mindestens 1.500,00 EUR (§ 52 Abs. 4 GKG).
Zu differenzieren ist danach, ob der Anwalt erstmals im Einspruchsverfahren tätig wird oder ob er schon im Besteuerungsverfahren tätig war.
Wird der Anwalt erstmals im Einspruchsverfahren tätig, gilt Nr. 2300 VV. Er erhält eine anrechnungsfreie Geschäftsgebühr i.H.v. 0,5 bis 2,5.
Anrechnung beachten
War der Anwalt bereits im Verfahren auf Abgabe der Erbschaftssteuererklärung tätig, erhält der Anwalt zwei Geschäftsgebühren. Die erste Gebühr des Besteuerungsverfahrens nach der StBVV wird dann gem. § 35 Abs. 2 S. 1 RVG nach Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV hälftig auf die zweite Gebühr, also auf die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV, angerechnet.
Fortsetzung Beispiel
Es ergeht ein Steuerbescheid über 4.000,00 EUR. Hiergegen legt der Anwalt Einspruch ein. Ausgegangen werden soll von der Mittelgebühr.
Es entsteht jetzt eine 1,5-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV. Darauf ist die im Besteuerungsverfahren angefallene Gebühr nach Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV zur Hälfte anzurechnen.
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
378,00 EUR |
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(Wert: 4.000,00 EUR) |
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2. |
gem. Vorbem 2.3 Abs. 4 VV anzurechnen, |
– 75,60 EUR |
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0,3 aus 4.000,00 EUR |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
322,40 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
61,26 EUR |
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Gesamt |
383,66 EUR |
III. Nachfolgendes erstinstanzliches finanzgerichtliches Verfahren
Gebühren eines Berufungsverfahrens
Kommt es anschließend zum Rechtsstreit vor dem Finanzgericht, richtet sich die Vergütung nach Teil 3 VV. Zu beachten ist allerdings, dass der Anwalt im Verfahren vor dem Finanzgericht nicht die erstinstanzlichen Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV erhält, sondern die Gebühren eines Berufungsverfahrens nach den Nrn. 3200 ff. VV (Vorbem. 3.2.1 Nr. 1 VV).
Der Gegenstandwert ergibt sich aus § 52 GKG. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, was hier stets der Fall ist, dann ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Darüber hinaus sieht § 52 Abs. 4 S. 1 GKG in finanzgerichtlichen Verfahren einen Mindeststreitwert i.H.v. 1.500,00 EUR vor.
Geschäftsgebühr des Einspruchsverfahrens ist anzurechnen
Eine zuvor im Einspruchsverfahren verdiente Geschäftsgebühr ist jetzt auf die Verfahrensgebühr des Rechtsstreits hälftig anzurechnen, höchstens jedoch zu 0,75 (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
Weitere Fortsetzung des Beispiels
Der Einspruch wird zurückgewiesen. Der Anwalt erhebt daraufhin Klage gegen den Steuerbescheid vor dem FG. Es kommt zur mündlichen Verhandlung, an der der Anwalt teilnimmt.
Jetzt entsteht die 1,6-Verfahrensgebühr der Nr. 3200 VV, auf die die vorangegangene Geschäftsgebühr hälftig anzurechnen ist. Hinzu kommt eine Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Vorbem. 3.2.1 Nr. 1, Nr. 3200 VV |
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(Wert: 4.000,00 EUR) |
403,20 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, |
– 189,00 EUR |
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0,75 aus 4.000,00 EUR |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
302,40 EUR |
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(Wert: 4.000,00 EUR) |
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
536,60 EUR |
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
101,95 EUR |
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Gesamt |
638,55 EUR |
IV. Nebenverfahren
Einzeltätigkeiten werden nach der StBVV abgerechnet
Vor dem Finanzamt sind auch Einzeltätigkeiten möglich, z.B. ein Stundungsantrag. Der Anwal...