Leitsatz
Wird ein Verfahren nach § 495a ZPO angeordnet und dann die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, entsteht keine Terminsgebühr, wenn das Gericht hiernach über die Kosten gem. § 91a ZPO entscheidet.
AG Wolfenbüttel, Beschl. v. 2.11.2012 – 16 C 69/12
1 I. Der Fall
Die anwaltlich vertretene Klägerin hatte gegen den Beklagten einen Mahnbescheid erwirkt, gegen den dieser fristgerecht Widerspruch erhoben hatte. Nach Eingang der Klagebegründung ordnete das Gericht zunächst das schriftliche Vorverfahren an. Nach Eingang der Klageerwiderung ordnete das Gericht gem. § 495a ZPO das Verfahren nach billigem Ermessen an und setzte eine Erklärungsfrist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses. Daraufhin beantragte der Beklagtenvertreter, Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Schließlich bezahlte der Beklagte die Klageforderung, sodass die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärte. Der Beklagte schloss sich der Erledigungserklärung an, sodass kein Termin mehr durchgeführt wurde. Das Gericht entschied vielmehr gem. § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits.
Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter anderem die Festsetzung einer Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV. Die Rechtspflegerin wies den Festsetzungsantrag insoweit zurück.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung hatte keinen Erfolg.
2 II. Die Entscheidung
Terminsgebühr entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV
Eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV a.F. für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts.
Nach der Neufassung der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV ist nur noch die Wahrnehmung eines "gerichtlichen Termins" erforderlich mit Ausnahme eines bloßen Verkündungstermins. Es muss sich also nicht mehr um einen Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin handeln.
Terminsgebühr entsteht auch nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV
Die Terminsgebühr entsteht nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gem. § 307 Abs. 2 ZPO oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird.
Voraussetzung ist obligatorische mündliche Verhandlung
Voraussetzung für das Entstehen einer Terminsgebühr in einem Verfahren gem. § 495a ZPO ist jedoch, dass eine Entscheidung ergeht, die bei einem Verfahren mit einem Streitwert von über 600,01 EUR einer mündlichen Verhandlung bedurft hätte (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl. 2010, Nr. 3104 VV Rn 55; Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl. 2012, Nr. 3104 VV Rn 18 ff.).
Kostenentscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen
Eine derartige Entscheidung ist hier nicht erlassen worden, denn das Gericht hat lediglich eine Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO getroffen, die gem. § 128 Abs. 3 u. 4 ZPO ohnehin ohne mündliche Verhandlung hätte ergehen können.
Gemäß seinem Wortlaut findet Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV nur auf solche Verfahren Anwendung, in denen grundsätzlich eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (BGH AGS 2007, 610 = NJW 2008, 668 m.w.N.). Dies ist nicht der Fall, wenn das Gericht nach seinem Ermessen statt aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden kann. Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV ist bei Beschlüssen, die gem. § 128 Abs. 3 u. 4 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen können, nicht anzuwenden, denn die Vorschrift soll lediglich verhindern, dass der Prozessbevollmächtigte, der im Zivilprozess erwarten kann, in der mündlichen Verhandlung eine Terminsgebühr zu verdienen, einen Gebührennachteil dadurch erleidet, dass durch eine andere Verfahrensgestaltung auf die mündliche Verhandlung verzichtet wird (siehe BGH AGS 2007, 610 = NJW 2008, 668 m.w.N.).
3 III. Der Praxistipp
Die Entscheidung ist zutreffend.
Tatsächlich handelte es sich nicht um eine Entscheidung nach § 495a ZPO
Die Terminsgebühr entsteht nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV, wenn das Gericht im Verfahren nach § 495a ZPO entscheidet. Hier war aber das Verfahren nach § 495a ZPO mit übereinstimmender Hauptsacheerledigung beendet. Die Kostenentscheidung ist nicht aufgrund der Vorschrift des § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung ergangen. Sie ist vielmehr ohne mündliche Verhandlung ergangen, weil eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO immer ohne mündliche Verhandlung ergehen kann (§ 128 Abs. 3 u. 4 ZPO).
Terminsgebühr entsteht auch dann nicht, wenn aus anderen Gründen eine Verhandlung nicht vorgeschrieben ist
Eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV fällt auch dann nicht an, wenn aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist.
Beispiel
Es ist ein Vollstreckungsbescheid über 500,00 EUR ergangen...