I. Einleitung
Kostenerstattung vor den Arbeitsgerichten ist eingeschränkt
Im erstinstanzlichen Erkenntnisverfahren vor den Arbeitsgerichten ist nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG die Erstattung
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einer Entschädigung der Partei wegen Zeitversäumnis sowie |
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der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes |
ausgeschlossen.
Ausschluss gilt für alle Verfahren
Dieser Ausschluss gilt für alle Verfahren, also für
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das Mahnverfahren, |
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ein Arrestverfahren, |
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ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (LAG Baden-Württemberg BB 1989, 850; LAG Hamm MDR 1980, 698), |
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die Kosten der Nebenintervention (LAG Baden-Württemberg AuR 1983, 124), |
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eine Vollstreckungsabwehrklage (LAG Düsseldorf MDR 2003, 1021; LAG Berlin AnwBl 1981, 504). |
Reisekostenerstattung ist nicht ausgeschlossen
Übersehen wird jedoch häufig, dass der Ausschluss sich nicht auch auf die Reisekosten der Partei zum Gerichtstermin oder zum Anwalt für eine Informationsreise erstreckt und dass unter Umständen auch die Reisekosten des Anwalts erstattungsfähig sein können, nämlich dann, wenn hierdurch entsprechende Parteireisekosten vermieden werden.
II. Erstattungsfähigkeit der Reisekosten der Partei
Nur Entschädigung für Zeitversäumnis ist ausgeschlossen
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ist für die Partei eine Kostenerstattung nur ausgeschlossen hinsichtlich der Entschädigung wegen Zeitversäumnis. Im Gegensatz zu sonstigen Verfahren, in denen die Partei nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO i.V.m. den Vorschriften der §§ 22 ff. JVEG auch eine Entschädigung für die Zeitversäumnis anlässlich der Wahrnehmung von Gerichtsterminen erhält, ist dies in arbeitsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen.
Partei kann immer Reisekosten erstattet verlangen
Sonstige Auslagen, insbesondere Reisekosten, erhält die Partei dagegen auch in arbeitsgerichtlichen Verfahren erstattet.
Beispiel 1
Die in A wohnende Partei führt vor dem 20 km entfernt liegenden Arbeitsgericht B einen Kündigungsschutzprozess. Sie nimmt zunächst an einer Güteverhandlung (§ 54 ArbGG) teil und später am Kammertermin. Zu beiden Terminen ist die Partei mit ihrem Pkw angereist und musste jeweils 1,50 EUR für einen Parkplatz bezahlen.
Für beide Termine entstehen der Partei Reisekosten, die sie bei entsprechendem Prozessausgang von dem Gegner erstattet verlangen kann. Die Partei erhält gem. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO Fahrtkosten nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 JVEG, also 0,25 EUR je gefahrener Kilometer zuzüglich bare Auslagen anlässlich der Reise (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 7 JVEG), also insbesondere Parkgebühren. Die Partei kann also zur Festsetzung anmelden:
2 x 40 km x 0,25 EUR/km = |
20,00 EUR |
Parkgebühren |
3,00 EUR |
Gesamt |
23,00 EUR |
Beispiel 2
Wie vorangegangenes Beispiel; jedoch unternimmt die Partei eine weitere Reise für ein Informationsgespräch zu ihrem in B ansässigen Prozessbevollmächtigten.
Jetzt erhält die Partei ihre Reisekosten bei entsprechender Kostenentscheidung auch für die Informationsreise erstattet.
Benutzt die Partei ein anderes Reisemittel, etwa den Zug oder ein Flugzeug, sind diese Kosten, soweit notwendig und angemessen, in Höhe der Bestimmungen des § 5 JVEG vom Gegner zu erstatten.
Eine Entschädigung für die Zeitversäumnis der Reise kann die Partei dagegen nicht verlangen. Diese bleibt durch § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ausgeschlossen.
III. Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten
Nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ist zwar die Erstattung der von einer Partei gezahlten Anwaltsvergütung ausgeschlossen. Dazu zählen auch die Reisekosten des beauftragten Anwalts.
Reisekosten des Anwalts sind in Höhe der ersparten Reisekosten der Partei erstattungsfähig
Die Rechtsprechung nimmt hier allerdings eine Erstattungsfähigkeit an, soweit durch die Reise des Anwalts Reisekosten der Partei, die erstattungsfähig gewesen wären, vermieden worden sind. Die Regelung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG soll nur das Prozessrisiko für die unterliegende Partei begrenzen; ihr soll jedoch kein ungerechtfertigter Kostenvorteil verschafft werden, wenn der Anwalt anstelle der Partei reist. Daher sind die durch die Zuziehung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten bis zur Höhe ersparter Reisekosten der Partei erstattungsfähig (LAG Hessen AGS 2010, 258 = AGkompakt 2010, 45; LAG Hamburg AGS 2010, 259 = JurBüro 2010, 309 = ArbRB 2010, 17 = RVGreport 2010, 33 = JurBüro 2010, 296; LAG Schleswig, Beschl. v. 18.3.2009 – 4 Ta 31/09; Beschl. v. 18.3.2009 – 3 Ta 30/09; Beschl. v. 11.3.2009 – 6 Ta 33/09; LAG Nürnberg RVGreport 2008, 465; LAG München NZA-RR 2002, 161; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 18.3.2009 – 11 Ta 11/09; AnwBl 1988, 299; LAG Berlin NZA-RR 2006, 538).
Erstattung in Höhe der fiktiven Reisekosten der Partei möglich
Folglich können tatsächlich entstandene Reisekosten des Anwalts in der Höhe erstattet verlangt werden, die die Partei für eine sonst notwendige Reise aufgewandt hätte. Das können Reisekosten der Partei zwecks Aufnahme der Klage zur Niederschrift der Geschäftsstelle sein, aber auch Reisekosten zum Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht. Der Höhe nach sind diese ersparten Reisekosten begrenzt durch die ta...