Leitsatz
Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 EUR i.S.d. § 68 Abs. 2 S. 1 GKG, wenn die Differenz der Anwaltsgebühren aus dem erstrebten höheren und dem festgesetzten Streitwert 200,00 EUR übersteigt. Nicht maßgeblich ist die Differenz der Streitwerte selbst.
Bayerisches LSG, Beschl. v. 26.7.2013 – L 5 KR 231/13 B
1 I. Der Fall
In einem Verfahren, in dem sich die Gebühren gem. § 3 Abs. 2 RVG nach dem Wert richteten, hatte das SG einen Gerichtsbescheid erlassen und den Streitwert auf 4.898,42 EUR festgesetzt. Dagegen hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Beschwerde eingelegt und die Änderung des Streitwerts auf 5.301,78 EUR beantragt. Das LSG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
2 II. Die Entscheidung
Mindestbeschwer oder Zulassung ist erforderlich
Eine Beschwerde gegen eine Streitwertfestsetzung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG) oder die Beschwerde zugelassen worden ist (§ 68 Abs. 1 S. 2 GKG). Beides war nicht der Fall.
Beschwerdegegenstand richtet sich nach der Gebührendifferenz
Für die Berechnung der erforderlichen Beschwer ist maßgeblich der Differenzbetrag der tatsächlichen Rechtsanwaltsgebühren, die sich für den Prozessbevollmächtigten des Klägers aus dem mit der Beschwerde erstrebten höheren und dem festgesetzten niedrigeren Streitwert ergeben, einschließlich Umsatzsteuer (so bereits BayVGH, Beschl. v. 13.12.2012 – 20 C 12.2551).
Die Differenz einer Wertgebühr zwischen dem festgesetzten Streitwert und dem begehrten Streitwert hätte sich hier auf 37,00 EUR belaufen (altes Recht). Selbst bei 2,5 Gebühren würde damit der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands nicht erreicht.
3 III. Der Praxistipp
Streitwertfestsetzung auch in sozialgerichtlichen Verfahren möglich
Eine Streitwertfestsetzung kommt in sozialgerichtlichen Verfahren nur dann in Betracht, wenn sich die Gebühren gem. § 3 Abs. 2 RVG nach dem Streitwert richten. Wird gem. § 3 Abs. 1 RVG nach Betragsrahmen abgerechnet, kommt eine Streitwertfestsetzung – auch für den Anwalt – nicht in Betracht.
Gegen die Streitwertfestsetzung eines SG ist nur die Beschwerde zum LSG zulässig. Eine weitere Beschwerde oder eine Rechtsbeschwerde zum BSG ist nicht möglich.
Die Beschwerde ist auch hier nur zulässig, wenn
Bei Beschwer der Partei sind auch Gerichtsgebühren und Kostenerstattung zu berücksichtigen
Legt die Partei die Beschwerde ein, richtet sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach der Differenz der eigenen Anwaltskosten, der gegebenenfalls zu zahlenden Gerichtskosten und der eventuell an den Gegner zu erstattenden Kosten nach dem festgesetzten und dem begehrten Wert.
Beim Anwalt ist dagegen nur die Differenz seiner eigenen Vergütung nach dem festgesetzten und dem begehrten Wert maßgebend, da er weder auf Gerichtskosten noch auf Kosten des Gegners haftet.
Beschwerdewert vorher prüfen
Zwar ist eine Beschwerde kostenfrei (§ 68 Abs. 3 S. 1 GKG) und es gibt hier auch keine Kostenerstattung (§ 68 Abs. 3 S. 2 GKG). Der Anwalt sollte sich jedoch vorher Gedanken über eine Beschwer machen, da er sich dann nutzlose Arbeit ersparen kann, oder er beantragt mit der Beschwerde einen entsprechend höheren Wert, sodass der Wert des Beschwerdegegenstands erreicht wird.
AGKompakt, S. 100