Verfahrenskostenhilfe ist einheitlich zu bewilligen
Ebenso wie fehlerhafte Wertfestsetzungen sind auch fehlerhafte Entscheidungen hinsichtlich der Verfahrenskostenhilfe an der Tagesordnung. Allzu häufig finden sich Beschlüsse, in denen "zunächst einmal" Verfahrenskostenhilfe nur für die Auskunftsstufe bewilligt wird. Solche Teilbewilligungen sind unzulässig. Bei einem Stufenantrag muss das Gericht von vornherein über die Bewilligung sämtlicher Stufen entscheiden.
Bei der Stufenklage nach § 254 ZPO gehören nach überwiegender Ansicht alle Stufen zum Rechtszug und werden grundsätzlich von der Entscheidung über Verfahrenskostenhilfe anlässlich der Auskunftsstufe umfasst.
OLG Schleswig, Beschl. v. 8.8.2013 – 15 WF 269/13 (FamRZ 2014, 689 = FamFR 2013, 546)
Wird unzulässigerweise eine Teilbewilligung ausgesprochen, muss hiergegen nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO binnen Monatsfrist Beschwerde erhoben werden.
Für zulässig erachtet wird allerdings, dass sich das Gericht vor Bezifferung des Leistungsanspruchs vorbehält, erneut zu entscheiden, in welchem Umfang es die für den Leistungsantrag bewilligte Verfahrenskostenhilfe aufrechterhält.
Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den gesamten Stufenantrag führt nicht dazu, dass der von der Verfahrenskostenhilfe umfasste Wert schon der in der Antragsschrift geäußerten Begehrensvorstellung gleichkommt. Vielmehr ist der (für die Verfahrenskostenhilfe maßgebliche) Wert des gesamten Stufenantrags nach Erledigung der Auskunftsstufe erst noch durch einen weiteren Gerichtsbeschluss zu konkretisieren.
OLG Hamm, Beschl. v. 21.3.2012 – 8 WF 41/12 (FamRZ 2012, 1324 = FuR 2012, 614)
Einheitliche Bewilligung auch für Antragsgegner
Auch für den Antragsgegner ist Verfahrenskostenhilfe einheitlich zu bewilligen. Auch hier ist eine stufenweise Bewilligung nicht zulässig. Selbst wenn der Antragsgegner offensichtlich zur Auskunft verpflichtet ist, also in der ersten Stufe unterliegen wird, muss ihm Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden, wenn hinreichende Erfolgsaussichten zur Abwehr des Leistungsanspruchs bestehen.
1. Die Rechtsverteidigung gegen eine Stufenklage auf Kindesunterhalt ist zumindest teilweise erfolgversprechend, wenn einem Abweisungsantrag bezüglich des Auskunftsanspruchs bereits durch Beschluss des Gerichts teilweise stattgegeben wurde.
2. Eine Einschränkung der (einheitlichen) Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner Auskünfte nicht in vollem Umfang des Auskunftsantrags schuldet, ist nicht praktikabel.
3. Die Versagung von Verfahrenskostenhilfe kann in einem solchen Fall nicht allein darauf gestützt werden, dass der Antragsgegner seiner Pflicht zur weitergehenden Auskunftserteilung bisher nicht nachgekommen ist.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.3.2014 – 18 WF 75/14 (AGS 2015, 46 = NZFam 2014, 1105 = FuR 2015, 120 = FamRZ 2014, 1478)
AGKompakt 10/2016, S. 98 - 107