Einführung
Mitunter kommt es vor, dass bei einem Zivilgericht eine Klage eingereicht wird, die zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gehört. Da es sich insoweit nach § 2 ArbGG um eine ausschließliche Zuständigkeit handelt, muss die Sache dann im Nachhinein gem. § 17a Abs. 2 GVG an das zuständige Arbeitsgericht verwiesen werden. Auch wenn hierdurch keine gesonderten Kosten entstehen, ergeben sich jedoch Erstattungsprobleme.
I. Gebührenrechtliche Ausgangslage
Nur eine Angelegenheit bei Verweisung
Wird ein Rechtsstreit vom Zivilgericht an das Arbeitsgericht verwiesen, so liegt für die beteiligten Anwälte insgesamt nur eine einzige Angelegenheit vor (§ 20 S. 1 RVG). Sämtliche Gebühren können im Verfahren vor und nach Verweisung nur einmal entstehen (§ 15 Abs. 2 RVG).
II. Gerichtskosten
Gerichtsgebühr entsteht nur einmal
Auch die Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen entsteht nur einmal. Die vor dem abgebenden Zivilgericht angefallene Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 1210 GKG KostVerz.) zählt zu den Kosten des Rechtsstreits vor dem Empfangsgericht (§ 4 Abs. 1 GKG). Kosten können daher grundsätzlich nur vor dem Arbeitsgericht nach Teil 8 GKG KostVerz. erhoben werden.
Mehrkosten, die durch Anrufung des unzuständigen Zivilgerichts entstanden sind, dürfen vom Kläger nur dann erhoben werden, wenn die Anrufung des unzuständigen Zivilgerichts auf verschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruhte (§ 4 Abs. 1 GKG). Darüber entscheidet das Arbeitsgericht (§ 4 Abs. 2 S. 2 GKG).
III. Kostenentscheidung
Mehrkosten sind ggfs. auszutrennen
Wird eine Klage vor dem unzuständigen Zivilgericht erhoben und sodann an das zuständige Arbeitsgericht verwiesen, muss das Empfangsgericht nach § 281 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts vorab dem Kläger auferlegen, sofern er nicht ohnehin die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
Bei Vergleich ist gesonderte Regelung erforderlich
Schließen die Parteien einen Vergleich, so obliegt es ihnen, darauf zu achten, dass im Vergleich die Mehrkosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts ausgetrennt und gesondert vorab der Klagepartei auferlegt werden.
IV. Kostenerstattung
Mehrkosten sind zu erstatten
Ist danach eine Kostengrundentscheidung ergangen, wonach der Kläger die gesamten Kosten des Verfahrens oder zumindest die Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts zu tragen hat, ergeben sich Probleme der Kostenerstattung, da im Verfahren vor den Arbeitsgerichten nach § 12a Abs. 1 ArbGG eine Erstattung der Anwaltskosten ausgeschlossen ist, während § 91 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO die Erstattung der Anwaltskosten vorsieht. Die Lösung ergibt sich aus § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG. Danach bleiben die vor dem ordentlichen Gericht entstandenen Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig.
Nach § 12a Abs. 1 S. 3, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG i.V.m. §§ 495, 91 ZPO hat der im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren erster Instanz obsiegende Beklagte Anspruch auf Erstattung der ihm vor dem ordentlichen Gericht entstandenen Kosten. Dazu gehören die Rechtsanwaltskosten auch dann, wenn er sich nach der Verweisung weiter von demselben Rechtsanwalt vertreten lässt.
BAG, Beschl. v. 1.11.2004 – 3 AZB 10/04, NZA 2005, 429 = NJW 2005, 1301 = MDR 2005, 598 = RVGreport 2005, 318
Die früher vereinzelt vertretene Gegenauffassung, wonach nur die Differenz zwischen den tatsächlich entstandenen Kosten und denjenigen Kosten, die entstanden wären, wenn der Kläger sogleich das zuständige Arbeitsgericht angerufen hätte, zu erstatten sein sollten, ist seit der vorgenannten Grundsatzentscheidung des BAG nicht mehr haltbar.
Beispiel 1
Die Klage über 6.000,00 EUR wird vor dem LG eingereicht. Das Gericht verweist daraufhin die Sache ohne mündliche Verhandlung an das zuständige ArbG. Dort wird sodann mündlich verhandelt. Der Klage wird zugesprochen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind; diese werden vorab dem Kläger auferlegt.
Vor dem LG ist bereits die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) nebst Auslagen und Umsatzsteuer ausgelöst worden. Vor dem ArbG sind diese Kosten erneut ausgelöst worden. Daneben ist noch eine Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) entstanden.
Die Verfahrensgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer ist jetzt aufgrund der Kostenentscheidung nach § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG dem Beklagten in voller Höhe vom Kläger zu erstatten, obwohl sie vor dem ArbG erneut ausgelöst worden ist und dort nicht zu erstatten ist. Nicht zu erstatten ist dagegen die Terminsgebühr. Diese muss die Beklagtenpartei letztlich selbst tragen.
Zu erstatten sind danach:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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460,20 EUR |
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(Wert: 6.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
480,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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91,24 EUR |
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Summe |
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571,44 EUR |
Beispiel 2
Die Klage wird vor dem LG eingereicht. Es wird mündlich verhandelt. Hiernach wird die Sache an das ArbG verwiesen. Dort wird mündlich verhandelt und die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger ...