Bei Rundreisen gilt Vorbem. 7 Abs. 3 RVG
Möglich ist, dass der Anwalt eine Geschäftsreise in mehreren Angelegenheiten unternimmt. Die Zuordnung der Reisekosten zur jeweiligen Angelegenheit richtet sich dann nach Vorbem. 7 Abs. 3 VV. Dabei kann es vorkommen, dass in einer Angelegenheit der Auftrag vor dem 1.1.2021 erteilt worden ist und in der anderen Angelegenheit nach dem 31.12.2021. Es gelten dann für die eine Angelegenheit noch die alten Beträge, während in der anderen Angelegenheit bereits die neuen Beträge gelten.
Richtet sich in einem solchen Fall die Vergütung für eine gemeinsame Geschäftsreise teils nach neuen Beträgen und teils nach den alten Beträgen, so ist die Berechnung der jeweiligen Anteile nach dem jeweils anzuwendenden Recht zu ermitteln.
Hinweis
Berechnungsformel
Bei der Berechnung des auf die jeweilige Angelegenheit entfallenden Reisekostenanteils ist in folgenden Schritten vorzugehen:
1. Zunächst sind die tatsächlichen (abrechnungsfähigen) Gesamtkosten zu berechnen.
2. Sodann sind die fiktiven Einzelreisekosten zu ermitteln, die angefallen wären, wenn der Anwalt die Reisen für jeden Mandanten einzeln durchgeführt hätte.
3. Schließlich muss noch die Summe der Kosten der fiktiven einzelnen Reisen errechnet werden.
4. Alsdann werden die fiktiven Einzelreisekosten des Mandanten mit der Summe der tatsächlichen abrechnungsfähigen Reisekosten multipliziert und durch den Gesamtbetrag aller fiktiven Reisekosten dividiert. Es gilt also folgende Formel:
Fiktive Einzelreisekosten des Mandanten x tatsächliche abrechnungsfähige Gesamtreisekosten |
Summe aller fiktiven Einzelreisekosten |
Beispiel
Der Anwalt hat seine Kanzlei in Köln. Vom Mandant A ist er im November 2020 mit einem Rechtsstreit vor dem LG Bonn beauftragt worden und vom Mandant B im Januar 2021 mit einem Rechtsstreit vor dem LG Koblenz. Beide Gerichte terminieren auf denselben Tag. Im Februar 2021 fährt der Anwalt für den Mandanten A zum LG Bonn und anschließend für den Mandanten B zum LG Koblenz. Auszugehen ist dabei von folgenden Entfernungen: Das LG Bonn liegt 30 km von der Kanzlei entfernt, das LG Koblenz 120 km, die Entfernung zwischen LG Bonn und LG Koblenz beträgt 100 km.
Dabei ist jetzt gem. Vorbem. 7 Abs. 3 VV zu berücksichtigen, dass gegenüber dem Mandanten A nach den alten Auslagenbeträgen abzurechnen ist, gegenüber dem Mandanten B dagegen nach den neuen Auslagenbeträgen.
a) Abrechnung für A
1. Tatsächliche abrechnungsfähige Gesamtreisekosten nach altem Recht | |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV ([30 + 100 + 120 km] x 0,30 EUR/km) | 75,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 2 VV | 40,00 EUR |
Gesamt | 115,00 EUR |
2. Fiktive Einzelreisekosten nach altem Recht | |
Mandant A | |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV (2 x 30 km x 0,30 EUR/km) | 18,00 EUR |
Abwesenheitspauschale bis 4 Stunden, Nr. 7005 Nr. 1 VV | 25,00 EUR |
Gesamt | 43,00 EUR |
Mandant B | |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV (2 x 120 km x 0,30 EUR/km) | 72,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 2 VV | 40,00 EUR |
Gesamt | 112,00 EUR |
3. Summe der fiktiven Einzelreisekosten nach altem Recht | 155,00 EUR |
4. Einzelberechnung | |
Mandant A hat zu zahlen: | |
43,00 EUR x 115,00 EUR ./. 155,00 EUR | 31,90 EUR |
Mandant B hätte nach altem Recht zu zahlen: | |
112,00 EUR x 115,00 EUR ./. 155,00 EUR | 83,10 EUR |
Gesamt | 115,00 EUR |
b) Abrechnung für B
1. Tatsächliche abrechnungsfähige Gesamtreisekosten nach neuem Recht | |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV ([30 + 100 + 120 km] x 0,42 EUR/km) | 105,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 2 VV | 50,00 EUR |
Gesamt | 155,00 EUR |
2. Fiktive Einzelreisekosten nach neuem Recht | |
Mandant A | |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV (2 x 30 km x 0,42 EUR/km) | 25,20 EUR |
Abwesenheitspauschale bis 4 Stunden, Nr. 7005 Nr. 1 VV | 30,00 EUR |
Gesamt | 55,20 EUR |
Mandant B | |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV (2 x 120 km x 0,42 EUR/km) | 100,80 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 2 VV | 50,00 EUR |
Gesamt | 150,80 EUR |
3. Summe der fiktiven Einzelreisekosten nach neuem Recht | 206,00 EUR |
4. Einzelberechnung | |
Mandant B hat zu zahlen: | |
150,80 EUR x 155,00 EUR ./. 206,00 EUR | 113,47 EUR |
Mandant A hätte nach neuem Recht zu zahlen: | |
55,20 EUR x 155,00 EUR ./. 206,00 EUR | 41,53 EUR |
Gesamt | 155,00 EUR |
c) Ergebnis
Mandant A hat zu zahlen: | 31,90 EUR |
Mandant B hat zu zahlen: | 113,47 EUR |
Gesamt | 145,37 EUR |
Aufgrund dessen, dass die Reisekosten von A nach altem Recht und von B nach neuem Recht zu zahlen sind, liegt das Gesamtergebnis damit zwischen den Gesamtkosten nach neuem Recht einerseits (155,00 EUR) und nach altem Recht andererseits (115,00 EUR).
AGKompakt 11/2020, S. 110 - 112
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