I. Die Kostenentscheidung bei Säumnis
Die Kosten der Säumnis sind vorab der säumigen Partei aufzuerlegen
Ist eine Partei im ersten Verhandlungstermin säumig, sodass gegen sie ein Versäumnisurteil ergeht, und wird dann auf Einspruch hin das Verfahren fortgesetzt, so hat die Partei nach § 344 ZPO die Kosten der Säumnis auch dann zu tragen, wenn das Versäumnisurteil aufgehoben und anschließend gegenteilig entschieden wird. Die Kosten der Säumnis sind nach § 344 ZPO auszutrennen und vorab der säumigen Partei aufzuerlegen. Eines gesonderten Ausspruchs bedarf es allerdings nur, wenn die säumige Partei nicht ohnehin die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
Beispiel
Im Termin zur mündlichen Verhandlung (Streitwert: 10.000,00 EUR) erscheint der Beklagte nicht, sodass er antragsgemäß durch Versäumnisurteil zur Zahlung verurteilt wird. Nach Einspruch wird erneut verhandelt. Das Gericht hält das Versäumnisurteil
a) |
in voller Höhe aufrecht und legt dem Beklagten auch die weiteren Kosten auf, |
b) |
lediglich in Höhe eines Betrages von 2.500,00 EUR aufrecht und weist die Klage im Übrigen ab. |
Im Fall a) bedarf es keines Ausspruchs nach § 344 ZPO, da der Beklagte ohnehin die gesamten Kosten des Verfahrens trägt.
Im Fall b) sind die Kosten des Rechtsstreits zu 25 % dem Beklagten aufzuerlegen und zu 75 % dem Kläger; die Kosten der Säumnis hat der Beklagte allerdings vorab alleine zu tragen.
In solchen Fällen ist zu fragen, worin die Kosten der Säumnis bestehen. Dabei wird häufig auf die Kosten des Termins abgestellt, in dem die Partei säumig geblieben war. Das ist jedoch unzutreffend. Auch die Kosten eines weiteren Termins sind nicht unbedingt säumnisbedingt.
II. Kosten des säumigen Termins
Die Kosten des Termins, in dem die Partei säumig geblieben ist, können niemals Kosten der Säumnis sein. Säumniskosten sind immer nur die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass sich das Verfahren fortsetzt.
Versäumniskosten gem. § 344 ZPO sind entgegen dem Wortlaut der Norm nicht solche, die in dem Termin entstanden sind, in dem eine Partei säumig geblieben ist, da diese auch bei deren Erscheinen entstanden wären, sondern allein solche Kosten, die entstanden sind, weil ein weiterer Termin hat stattfinden müssen. Über diese ist erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden.
OLG Köln, Beschl. v. 5.11.2008 – 17 W 227/08
III. Kosten eines weiteren Termins
Zu den Kosten der Säumnis gehören nur die "Mehr"-Kosten, die dadurch ausgelöst worden sind, dass der Kläger im ersten Termin säumig war. Es ist also zu fragen, welche Kosten angefallen wären, wenn der Gegner von vornherein nicht säumig gewesen wäre, sondern verhandelt hätte.
Hier war es so, dass im ersten Termin lediglich die 0,5-Terminsgebühr angefallen war (Nr. 3105 VV). Nach dem ersten Termin war also wie folgt abzurechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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631,80 EUR |
2. |
0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV |
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243,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
894,80 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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170,01 EUR |
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Gesamt |
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1.064,81 EUR |
Durch den zweiten Termin erstarkt die Terminsgebühr auf 1,2
Infolge des zweiten Termins entstand nicht – wie noch zur BRAGO (§ 38 BRAGO) – eine gesonderte Terminsgebühr; vielmehr ist hier die erste 0,5-Terminsgebühr zu einer vollen 1,2-Gebühr erstarkt, sodass sich folgende weitere Kosten ergeben haben:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
631,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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583,20 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
4. |
abzüglich bereits abgerechneter (netto) |
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-894,80 EUR |
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Zwischensumme |
340,20 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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64,64 EUR |
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Gesamt |
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404,84 EUR |
Diese weiteren Kosten sind aber nicht Kosten der Säumnis. Vielmehr ist zu fragen, welche Vergütung angefallen wäre, wenn der Beklagte nicht säumig gewesen wäre. In diesem Fall wäre im ersten Termin bereits verhandelt worden. Es wäre dort sogleich die volle 1,2-Terminsgebühr angefallen. Mehrkosten sind also nicht entstanden (KG AGS 2008, 591 = Rpfleger 2009, 51 = KGR 2008, 1007 = JurBüro 2008, 647 =VRR 2008, 403 = RVGreport 2009, 17; AG Bremen AGkompakt 2010, 69).
Wird das Versäumnisurteil auf den Einspruch des Gegners hin aufgehoben und über die Kosten gem. § 344 ZPO entschieden, so zählen die Gebühren, die für den Rechtsanwalt entstanden sind, der das Versäumnisurteil erwirkt hat, nicht zu den Kosten der Säumnis i.S.d. § 344 ZPO (KG AGS 2008, 591 = Rpfleger 2009, 51 = KGR 2008, 1007 = JurBüro 2008, 647 = VRR 2008, 403 = RVGreport 2009, 17).
Wird ein Versäumnisurteil nach schriftlichem Vorverfahren im Endurteil aufgehoben, zählt die 0,5-Terminsgebühr für das Versäumnisurteil gem. Nr. 3105 VV nicht zu den Kosten der Säumnis i.S.d. § 344 ZPO, weil die Gebühr gem. Nr. 3105 VV in der höheren Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aufgegangen ist (AG Bremen AG kompakt 2010, 69).
Nur Reisekosten und Auslagen könnten Mehrkosten sein
Mehrkosten der Säumnis können daher grundsätzlich nur in den Reisekosten des Anwalts oder der Partei liegen, in Gerichtskosten für Zeugen und Sachverständige, die zum n...