Bei Scheidungsfolgenvergleich entsteht immer eine Terminsgebühr

Wird in einem Scheidungsverbundverfahren ein Vergleich auch über nicht anhängige weitere Gegenstände geschlossen, so entsteht immer eine Terminsgebühr.

  • Entweder wird die Einigung im Termin ausgehandelt, dann entsteht die Terminsgebühr bereits nach Vorbem. 3 Abs. 3, 1. und 3. Var. VV;
  • oder es wird ein schriftlicher Vergleich geschlossen, dann greift Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV, da im Scheidungsverfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 2 ZPO).

Scheidungsfolgenvergleich ist von der Prozesskostenhilfe gedeckt

Wird in einem Scheidungsverfahren ein Vergleich auch über

  • den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
  • den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
  • die Sorge der Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
  • die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
  • die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung,
  • die Rechtsverhältnisse am Haushalt oder
  • Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht

geschlossen, dann erstreckt sich nach § 48 Abs. 3 RVG die in der Ehesache bewilligte Verfahrenskostenhilfe hierauf, ohne dass es einer ausdrücklichen Erstreckung bedarf. Im Gegensatz zu § 48 Abs. 4 S. 2 RVG ist insoweit nicht einmal eine Einschränkung durch das Gericht möglich.

§ 48 Abs. 3 RVG erfasst auch Terminsgebühr

Nach zwischenzeitlich ganz überwiegender Rspr. erstreckt sich in diesen Fällen die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung des Anwalts auch auf eine durch den Abschluss des Vergleichs entstehende Terminsgebühr:

  • OLG Nürnberg AGS 2009, 331 = OLGR 2009, 684,
  • OLG Karlsruhe OLGR 2009, 639 = FuR 2009, 636 = MDR 2009, 1253 = JurBüro 2009, 590 = FamRZ 2009, 2114 = Rpfleger 2010, 29 = NJW 2010, 1383 = FPR 2010, 364 = FF 2010, 85,
  • OLG Bamberg AGS 2010, 141 = JurBüro 2009, 591= FamRZ 2010, 231,
  • OLG Koblenz AGS 2006, 349 = JurBüro 2006, 473 = OLGR 2006, 895 = AnwBl 2006, 587 = FamRZ 2006, 1691 = MDR 2007, 182,
  • OLG Köln AGS 2007, 547 = FamRZ 2008, 707 = OLGR 2008, 367 = NJW-Spezial 2007, 523,
  • OLG Saarbrücken AGS 2009, 77 = NJW 2008, 3150 = OLGR 2008, 823 = FamRZ 2009, 143 = RVGreport 2008, 384,
  • OLG Stuttgart AGS 2008, 353 = AnwBl 2008, 303 = FamRZ 2008, 1010 = JurBüro 2008, 306 = Rpfleger 2008, 368 = OLGR 2008, 501 = MDR 2008, 1067 = Justiz 2008, 367,
  • AG Marburg AGS 2007, 510.

Nach der Gegenauffassung ist eine gesonderte Bewilligung für die Terminsgebühr erforderlich

Nach a.A. deckt § 48 Abs. 3 RVG dagegen nur die Verfahrens- und die Einigungsgebühr ab.

  • OLG München AGS 2009, 503 = OLGR 2009, 604 = JurBüro 2009, 478 = NJW-RR 2009, 1367 = FamRZ 2009, 1779 = MDR 2009, 1315; OLGR 2009, 530,
  • AG Westerburg, Beschl. v. 20. 1. 2010 – 21 C 262/06.

In diesen Fällen ist daher ein gesonderter Beschluss erforderlich, der die bewilligte Verfahrenskostenhilfe auch auf das Aushandeln des Vergleichs und die damit verbundene Terminsgebühr erstreckt.

 
Praxis-Beispiel

Im Verbundverfahren (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR) einigen sich die Beteiligten im gerichtlichen Termin unter Mitwirkung ihrer Anwälte nach Verhandlungen über den Versorgungsausgleich und den nicht anhängigen Zugewinn (Wert: 10.000,00 EUR).

Aus der Landeskasse erhält der Anwalt zunächst eine 1,3-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert von 17.200,00 EUR, da ein Fall der Nr. 3101 VV nicht vorliegt (AnwK-RVG/N. Schneider, 5. Aufl. 2010, Nr. 1000 VV Rn 189; Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl. 2010, Nr. 3101 VV Rn 45; ausführlich N. Schneider, Berechnung der Verfahrensgebühr(en) bei Abschluss einer Einigung auch über nicht anhängige Gegenstände im gerichtlichen Termin, AGS 2007, 277).

Hinzu kommt eine Einigungsgebühr aus 11.200,00 EUR, wobei diese aus 10.000,00 EUR zu 1,5 entsteht und aus 1.200,00 EUR zu 1,0 (Nr. 1003 VV).

Nach zutreffender Ansicht erhält der Anwalt darüber hinaus aus der Landeskasse auch eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Gesamtwert von 17.200,00 EUR.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG (Wert: 17.200,00 EUR)   353,60 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG (Wert: 17.200,00 EUR)   326,40 EUR
3. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV, § 49 RVG    
  (Wert: 10.000,00 EUR) 363,00 EUR  
4. 1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV, § 49 RVG    
  (Wert: 1.200,00 EUR) 85,00 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,5 aus 11.200,00 EUR, § 49 RVG   369,00 EUR
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.069,00 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   203,11 EUR
Gesamt 1.272,11 EUR

Nach der Gegenauffassung erhält der Anwalt dagegen aus der Landeskasse keine Terminsgebühr aus dem Mehrwert, sondern nur aus dem Wert von Ehesache und Versorgungsausgleich, also aus 7.200 EUR.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?