Einführung
Schließt der Anwalt einen Vergleich auch über eine Hilfsaufrechnungsforderung, ergeben sich besondere Abrechnungsprobleme (s. zuletzt OLG Schleswig AGS 2018, 506), auf die hier anhand von Abrechnungsbeispielen näher eingegangen werden soll.
I. Streitwert/Gegenstandswert
Streitwert bei Entscheidung richtet sich nach § 45 Abs. 3 GKG
Hinsichtlich des Gegenstandswerts gilt über § 23 Abs. 1 S. 1 RVG die Vorschrift des § 45 Abs. 4 GKG, der wiederum auf § 45 Abs. 3 GKG Bezug nimmt.
Nach § 45 Abs. 3 GKG erhöht sich der Streitwert des Verfahrens, wenn
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der Beklagte hilfsweise eine Aufrechnung erklärt (die Klageforderung muss also bestritten sein), |
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die Hilfsaufrechnungsforderung wiederum vom Kläger bestritten wird und |
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über die Hilfsaufrechnung eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht (da die Aufrechnungsforderung selbst nicht Streitgegenstand ist, sondern nur die Klageforderung zu Fall bringt, kommt eine der Rechtskraft fähige Entscheidung nur unter den Voraussetzungen des § 322 Abs. 2 ZPO in Betracht). |
Beispiel 1
In einem Rechtsstreit über 10.000,00 EUR bestreitet der Beklagte die Klageforderung und rechnet hilfsweise mit einer Gegenforderung i.H.v. 10.000,00 EUR auf. Das Gericht hält die Klage für schlüssig, weist sie aber wegen Bestehens der Gegenforderung ab.
Der Gegenstandswert erhöht sich nach § 45 Abs. 3 GKG um den Wert der Hilfsaufrechnung, da insoweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung nach § 322 Abs. 2 ZPO ergangen ist. Abzurechnen sind alle Gebühren nach einem Wert von 20.000,00 EUR.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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964,60 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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890,40 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.875,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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356,25 EUR |
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Gesamt |
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2.231,25 EUR |
Streitwert bei Vergleich richtet sich nach § 45 Abs. 4 GKG
Ebenso erhöht sich der Streitwert des Verfahrens nach § 45 Abs. 4 GKG im Falle eines Vergleichs, wenn und soweit eine gerichtliche Entscheidung mit dem Inhalt des Vergleichs nach § 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft erwachsen wäre.
Erledigt ein Gerichtsvergleich Gegenforderungen, mit denen hilfsweise die Aufrechnung erklärt wurde, mit, so erhöht sich der Streitwert für den Vergleich um den Wert ebendieser Gegenforderungen.
OLG München, Beschl. v. 26.9.2017 – 13 W 1528/17
Von einer Hilfsaufrechnung, die den Streitwert erhöht, wenn darüber entschieden wird (§ 45 Abs. 2 GKG) oder wenn sie in einem Vergleich miterledigt wird (§ 44 Abs. 4 GKG), ist dann auszugehen, wenn die Forderung in erster Linie mit anderen Einwänden bestritten wird. Dies ist der Fall, wenn der Beklagte primär bestreitet, dass der Kläger einen Anspruch auf die klageweise geltend gemachten Forderungen hat, und darüber hinaus, also hilfsweise, einwendet, dass die Forderungen durch Aufrechnung mit Gegenforderungen erloschen seien.
OLG München, Beschl. v. 6.9.2017 – 21 W 1088/17, JurBüro 2017, 636
Außergerichtlicher Vergleich reicht nicht aus
Nicht ausreichend ist dagegen ein außergerichtlicher Vergleich, auch wenn er den Rechtsstreit beendet.
II. Einigungsgebühr
Bei Einigungsgebühr ist zu differenzieren
Im Falle einer Einigung entsteht für den Anwalt eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV. Auch für diese Gebühr gilt der höhere Wert des § 45 Abs. 4 GKG. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Hilfsaufrechnung nicht zur Anhängigkeit führt, so dass also aus dem Wert der Hilfsaufrechnungsforderung – unter Beachtung des § 15 Abs. 3 RVG – eine 1,5-Gebühr nach Nr. 1000 VV entsteht.
So bereits zur vergleichbaren Rechtlage nach der BRAGO:
Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO ermäßigt die Vergleichsgebühr in Fällen, in denen bereits ein Gericht mit der Entscheidung über den Vergleichsgegenstand befasst ist. Eine Anhängigkeit i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO lässt sich bei der Hilfsaufrechnung mit einer Gegenforderung im Blick auf § 322 Abs. 2 ZPO nur insoweit annehmen, als es zu einer Entscheidung über die Gegenforderung kommt.
OLG Hamm, Beschl. v. 26.3.1999 – 23 W 594/98, JurBüro 1999, 470
Nur aus dem Wert der Klageforderung entsteht die nach Nr. 1003 VV ermäßigte 1,0-Einigungsgebühr.
Insoweit sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden:
III. Hilfsaufrechnungsforderung ist nicht höher als Klageforderung
Wert...