Anwalt kann Kostenerstattungsanspruch im eigenen Namen geltend machen

Wird der Anwalt für seinen Mandanten im Rahmen der Beratungshilfe tätig, wird übersehen, dass der Anwalt nach § 9 S. 2 BerHG Schadensersatzansprüche, die in der Person des Rechtsuchenden entstanden sind, im eigenen Namen geltend machen kann. Dies betrifft insbesondere materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche aus Verzug, positiver Vertragsverletzung oder Delikt.

 

Beispiel 1

Der Anwalt wird im Rahmen der Beratungshilfe vom Mandanten beauftragt, gegen einen Schuldner, der sich in Verzug befindet, Ansprüche in Höhe von 1.860,00 EUR außergerichtlich geltend zu machen. Der Schuldner zahlt daraufhin.

Vom Mandanten erhält der Anwalt die Beratungshilfegebühr (Nr. 2500 VV):

 
1. Beratungshilfegebühr, Nr. 2500 VV 8,40 EUR
2. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 1,60 EUR
Gesamt 10,00 EUR

Gegner haftet auf Wahlanwaltsvergütung

Der Schuldner haftet aus Verzug für folgende Kosten:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   172,90 EUR
  (Wert: 1.860,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 192,90 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   36,65 EUR
Gesamt 229,55 EUR

Übergang darf nicht zum Nachteil des Rechtsuchenden erfolgen

In Höhe der Wahlanwaltsvergütung kann der Anwalt nach § 9 S. 2 BerHG den Schuldner unmittelbar im eigenen Namen in Anspruch nehmen. Er darf dies allerdings erst, wenn die Hauptforderung sowie die 10,00 EUR gezahlt sind, da der Übergang des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht zum Nachteil des Rechtsuchenden geschehen darf (§ 9 S. 3 BerHG).

Der Gegner muss an den Mandanten noch die 10,00 EUR zahlen und an den Anwalt:

 
Praxis-Beispiel
 
Wahlanwaltsvergütung 229,55 EUR
./. Beratungshilfegebühr -10,00 EUR
Gesamt 219,55 EUR

Vergütung aus der Landeskasse

Aus der Landeskasse würde der Anwalt an sich die Vergütung nach Teil 2 Abschnitt 5 VV erhalten.

 
Praxis-Beispiel
 
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2503 VV   70,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   14,00 EUR
  Zwischensumme 84,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   15,96 EUR
Gesamt 99,96 EUR

Zahlungen des Gegners sind anzurechnen

Gem. § 58 Abs. 1 RVG sind jedoch Zahlungen, die der Gegner nach § 9 BerHG an den Anwalt leistet, darauf anzurechnen, sodass eine Inanspruchnahme der Staatskasse ausscheidet.

Hätte der Anwalt die Vergütung aus der Landeskasse bereits erhalten, so wäre er zu deren Rückgewähr verpflichtet.

 

Beispiel 2

Wie Beispiel 1. Der Anwalt macht lediglich eine Forderung in Höhe von 250,00 EUR geltend.

Der Gegner muss an den Mandanten noch die 10,00 EUR zahlen und an den Anwalt:

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV    
  (Wert: 300,00 EUR)   32,50 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   6,50 EUR
  Zwischensumme 39,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   7,41 EUR
Gesamt 46,41 EUR

Da die vom Gegner zu erstattenden Kosten hinter der aus der Landeskasse zu zahlenden Vergütung zurückbleiben, kann der Anwalt mit der Landeskasse noch abrechnen. Er muss sich allerdings die vom Gegner geleisteten Zahlungen anrechnen lassen (§ 58 Abs. 1 RVG).

 
Praxis-Beispiel
 
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2503 VV   70,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   14,00 EUR
3. ./. Zahlung Gegner (netto)   -39,00 EUR
  Zwischensumme 45,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   8,55 EUR
Gesamt 53,55 EUR

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?