Einführung
Liegt ein vollstreckbarer Titel vor, muss der Gläubiger häufig den Schuldner nochmals zur Zahlung auffordern. Dabei wird oftmals verkannt, dass für diese Zahlungsaufforderung gesonderte Gebühren anfallen und diese auch erstattungsfähig sind.
I. Vergütung für Vollstreckungsandrohung
Schuldner ist zur sofortigen Leistung verpflichtet
Liegt ein vollstreckbarer Titel, der einen fälligen Anspruch enthält, vor, so ist der Schuldner grundsätzlich ohne weitere Aufforderung zur Leistung verpflichtet. Dies gilt unabhängig davon, ob er verurteilt oder anderweitig durch gerichtliche Entscheidung verpflichtet worden ist (z.B. durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss), ob es sich um einen vollstreckbaren Vergleich handelt oder um eine vollstreckbare notarielle Urkunde.
Ist die Forderung fällig und vollstreckbar und zahlt der Schuldner nicht, so kann ohne weitere Ankündigung die Vollstreckung betrieben werden. Ein Gläubiger ist nicht verpflichtet, die Zwangsvollstreckung vorher anzukündigen. Eine dem § 93 ZPO vergleichbare Regelung gibt es in der Zwangsvollstreckung nicht. Sie wäre auch überflüssig, da ein Schuldner, der eine titulierte Forderung innerhalb einer angemessenen Frist nicht bezahlt, grundsätzlich immer Anlass zur Vollstreckung gibt.
Zahlungsaufforderung zählt bereits zur Vollstreckungstätigkeit
Beauftragt der Gläubiger einen Anwalt mit der Zahlungsaufforderung, so zählt diese Tätigkeit nicht mehr zu der vorangegangenen Angelegenheit, in der der Titel erwirkt worden ist. Mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens bzw. Abschluss eines Vergleichs oder Erstellung einer notariellen Urkunde ist die vorangegangene Angelegenheit abgeschlossen. Die spätere Leistungsaufforderung ist vielmehr eine neue Angelegenheit, die eine gesonderte Vergütung auslöst (BGH FamRZ 2004, 101 = DGVZ 2004, 24).
Zahlungsaufforderung ist keine Geschäftstätigkeit
Häufig ist zu beobachten, dass insoweit eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV angesetzt wird, weil es sich ja (wieder) um eine außergerichtliche Aufforderung handele. Dies ist jedoch unzutreffend. Liegt ein vollstreckbarer Titel vor, unabhängig davon, ob es sich um ein Urteil, einen Beschluss, einen Vergleich oder eine vollstreckbare notarielle Urkunde handelt, dann kann hinsichtlich der Durchsetzung dieser Forderung keine weitere außergerichtliche Vertretung mehr erfolgen. Vielmehr dient die Zahlungsaufforderung jetzt der Vorbereitung der Zwangsvollstreckung, nämlich ihrer Ankündigung. Damit gehört diese Tätigkeit aber nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG zur Vollstreckungstätigkeit i.S.v. Teil 3 Abschnitt 3, Unterabschnitt 3 VV und wird folglich durch die Gebühren der Nrn. 3309 ff. VV vergütet.
Es entsteht eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV
Der Anwalt erhält also für die Zahlungsaufforderung, die letztlich nichts anderes ist als eine Vollstreckungsandrohung, eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV nebst Auslagen und Umsatzsteuer.
II. Gegenstandswert
Gegenstandswert richtet sich nach § 25 RVG
Der Gegenstandswert dieser Tätigkeit bemisst sich nicht mehr nach dem Wert des gerichtlichen Verfahrens, sondern richtet sich nach § 25 RVG.
Zinsen sind werterhöhend zu berücksichtigen
Wird wegen einer Geldforderung vollstreckt, gilt § 25 Nr. 1 RVG. Maßgebend ist die Forderung zuzüglich zwischenzeitlich angefallener Zinsen und Kosten. Die Vorschriften der §§ 43 Abs. 1 GKG, 37 Abs. 1 FamGKG, § 18 Abs. 2 S. 1 KostO gelten hier nicht. Vielmehr sind die Zinsen bis zum Tage der Vollstreckungsankündigung beim Gegenstandswert mit zu berücksichtigen.
Soweit der Schuldner bereits Teilleistungen erbracht hat und nur wegen einer Restforderung vollstreckt werden soll, ist nur der Wert dieser Restforderung zuzüglich darauf entfallender Kosten und Zinsen maßgebend.
Wird wegen Herausgabe einer Sache vollstreckt, gilt § 25 Nr. 2 RVG (Wert der Sache) und im Falle der Vollstreckungsandrohung wegen einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nach dem Wert, den die erstrebte Handlung für den Gläubiger hat (§ 25 Nr. 3 RVG).
III. Erstattungsfähigkeit
Die durch die Vollstreckungsandrohung anfallenden Kosten sind auch grundsätzlich erstattungsfähig (BGH FamRZ 2004, 101 = DGVZ 2004, 24).
Eine vorherige Zustellung des Titels ist entgegen einer in der Praxis häufig anzutreffenden Ansicht nicht erforderlich; notwendig sind die Kosten in der Regel bereits, sobald eine angemessene Leistungsfrist abgelaufen ist (BGH AGS 2003, 561 = Rpfleger 2003, 596 = BGHReport 2003, 1251 = FamRZ 2003, 1742 = NJW-RR 2003, 1581 = MDR 2003, 1381 = InVo 2004, 35 = WM 2004, 353 = BRAGOreport 2003, 200 = BB 2003, 2428; bestätigt in FamRZ 2004, 101 = DGVZ 2004, 24; AnwK-RVG/Wolf, Nr. 3309 VV Rn 14).
Im Falle eines Kostenfestsetzungsbeschlusses sind die Kosten erstattungsfähig, wenn der Schuldner nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 798 ZPO zahlt.
Erstattungspflicht folgt aus § 788 ZPO
Diese Kosten der Zwangsvollstreckung muss der Schuldner dem Gläubiger ersetzen. Insoweit bedarf es keines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, der in der Regel sogar gegeben wäre. Vielmehr ergibt sich die Erstattungspflicht bereits unmittelbar aus § 788 Abs...