(1) Mit einem Antrag und einem Widerantrag geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Verfahren verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder des Satzes 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Verfahren verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht ein Beteiligter hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Wert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Verfahrens durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
a) Antrag und Widerantrag
Keine Addition bei demselben Gegenstand
Im Falle von Antrag und Widerantrag gilt § 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Die Werte beider Anträge werden zusammengerechnet, es sei denn, es liegt derselbe Gegenstand zugrunde. Dann gilt nur der höhere der beiden Werte (§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG). Derselbe Verfahrensgegenstand liegt z.B. in folgenden Fällen vor:
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wechselseitige Scheidungsanträge, |
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wechselseitige Anträge zur elterlichen Sorge, |
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wechselseitige Anträge zum Umgangsrecht, |
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wechselseitige Anträge zum Haushalt, |
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wechselseitige Anträge zur Ehewohnung. |
Addition bei wechselseitigem Zugewinn oder Unterhalt
Dagegen liegt nicht derselbe Gegenstand vor, wenn wechselseitig Zugewinnausgleich, Unterhalt, Unterhaltsabänderung oder Auskunft hierzu beantragt wird. In diesen Fällen fehlt es an einer wirtschaftlichen Identität, sodass die Werte zusammenzurechnen sind.
Beispiel: Antrag und Widerantrag auf Zugewinn
Der Ehemann beantragt Zugewinnausgleich i.H.v. 20.000,00 EUR. Die Ehefrau erhebt Widerantrag auf Zugewinnausgleich i.H.v. 30.000,00 EUR.
Der Wert des Verfahrens beläuft sich auf 50.000,00 EUR.
In Zugewinnausgleichsverfahren, in denen gegenseitig Zahlungsansprüche geltend gemacht werden, ist nicht von demselben Gegenstand auszugehen, so dass die geltend gemachten Ansprüche gem. § 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG zusammenzurechnen sind.
OLG Köln, Beschl. v. 23.1.2014 – II-12 WF 168/13, AGS 2014, 282 = NJW-Spezial 2014, 380 = NZFam 2014, 607 = FamRB 2014, 304
Der Verfahrenswert eines Zugewinnverfahrens ergibt sich aus der Addition der wechselseitigen Forderungen. Nur durch das Zusammenrechnen der mit Antrag und Widerantrag verlangten Beträge wird das Ausmaß des Streits der Beteiligten umfassend berücksichtigt, da eine Prüfung der einzelnen Vermögenspositionen, die nicht unbedingt in Antrag und Widerantrag identisch sein müssen, erforderlich ist.
OLG Hamm, Beschl. v. 9.3.2016 – II-7 WF 16/16, AGS 2016, 230 = NZFam 2016, 423
Beispiel: Antrag und Widerantrag auf Unterhalt
Der Kindesvater beantragt Herabsetzung des Unterhalts um 100,00 EUR. Das Kind erhebt Widerantrag auf Heraufsetzung um 55,00 EUR.
Der Wert des Verfahrens beläuft sich auf (100,00 EUR + 55,00 EUR =) 155,00 EUR x 12 = 1.860,00 EUR.
Addition auch bei wechselseitigen Auskunftsverlangen
Zu addieren ist auch dann, wenn wechselseitig Auskunft verlangt wird oder wechselseitig Zahlung und Auskunft.
Beispiel: Antrag und Widerantrag (Zahlung und Auskunft)
Der Ehemann beantragt, die Ehefrau zur Zahlung von 20.000,00 EUR Zugewinn zu verpflichten. Die Ehefrau beantragt Abweisung. Da sie der ist Auffassung ist, nicht dem Antragsteller, sondern ihr stehe Zugewinn zu, beantragt sie im Wege des Widerantrags, den Ehemann zu verpflichten, Auskunft über sein Endvermögen zu erteilen.
Die Werte von Zahlung und Auskunft sind zu addieren.
Die Streitwerte der mit Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche sind auch dann zu addieren, wenn beide Klagen entgegengesetzte Abänderungen eines Unterhaltstitels zum Ziel haben.
OLG München, Beschl. v. 25.10.2006 – 12 WF 1613/06, AGS 2007, 364 = FamRZ 2007, 750 = OLGR 2007, 416 = ZFE 2007, 315
b) Wechselseitige Rechtsmittel
Auch die Werte wechselseitiger Rechtsmittel werden zusammengerechnet, sofern sie nicht denselben Verfahrensgegenstand betreffen (§ 39 Abs. 2 FamGKG).
Beispiel: Wechselseitige Beschwerden in der Ehesache
Die Scheidungsanträge beider Ehegatten sind erstinstanzlich abgewiesen worden. Beide Ehegatten legen Beschwerde ein.
Beiden Rechtsmitteln liegt derselbe Gegenstand zugrunde, so dass nur der einfache Wert der Scheidung gilt.
c) Haupt- und Hilfsantrag
Hilfsantrag ist nur bei Entscheidung zu berücksichtigen
Wird neben einem Hauptantrag ein Hilfsantrag gestellt, so ist der Wert des Hilfsantrages nur dann hinzuzurechnen, wenn über den Hilfsantrag entschieden wird (§ 39 Abs. 1 S. 2 FamGKG). Soweit der Hilfsantrag allerdings denselben Gegenstand betrifft wie der Hauptantrag, gilt nur der höhere Wert (§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG).
Beispiel: Haupt- und Hilfsantrag
Die Ehefrau beantragt die Aufhebung der Ehe, hilfsweise die Scheidung. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Aufhebung nicht vorlieg...