Leitsatz
In Unterhaltsachen ist für die zukünftigen Forderungen auf die zwölf Monate nach Einreichung des Antrags abzustellen. Unterhaltsbeträge, die bei Einreichung fällig sind, werden hinzugerechnet.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.7.2011 – 2 WF 70/11
1 I. Der Fall
Im Mai 2009 hat die Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Trennungsunterhalt eingereicht. Geltend gemacht wurde monatlicher Unterhalt i.H.v. 616,45 EUR für die Zeit ab Januar 2009, abzüglich darauf zwischenzeitlich insgesamt gezahlter 850,00 EUR. Es ergab sich im Folgenden Streit über die Berechnung des Verfahrenswerts.
2 II. Die Entscheidung
Das Gericht stellt zunächst klar, dass nach § 51 Abs. 1 FamGKG für einen Antrag auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen auf die für die ersten zwölf Monate nach Antragseinreichung geforderten Beträge abzustellen ist. Dies ergab hier einen Betrag in Höhe von 12 x 616,45 EUR = 7.397,40 EUR.
Bei Antragseinreichung fällige Beträge werden hinzugerechnet
Nach § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG sind die bei Einreichung fälligen Beträge hinzuzurechnen. Der Antragseinreichung steht dabei gem. § 51 Abs. 2 S. 2 FamGKG die Einreichung eines Antrags auf Verfahrenskostenhilfe gleich, wenn der Klageantrag alsbald nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe eingereicht wird.
Fällig ist der Unterhalt am Ersten eines Monats im Voraus
Fällig ist der Unterhalt am Ersten eines Monats im Voraus, soweit nichts anderes vereinbart ist (§ 1612 Abs. 3 BGB). Das bedeutet, dass der laufende Monat der Einreichung als fälliger Monat stets hinzuzurechnen ist.
Insoweit ergaben sich hier also fünf fällige Monate (Januar bis Mai) in Höhe von 5 x 616,45 EUR = 3.082,25 EUR. Abzuziehen war allerdings der unstreitig gezahlte Betrag in Höhe von 850,00 EUR, sodass sich ein weiterer Wert in Höhe von 2.232,25 EUR ergab und damit ein Gesamtwert in Höhe von 7.397,40 EUR + 2.232,25 EUR = 9.629,65 EUR.
3 III. Der Praxistipp
Bei Anträgen auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen werden häufig die fälligen Beträge nicht berücksichtigt.
§ 51 Abs. 2 FamGKG stellt nicht auf "Rückstände", sondern auf "fällige Beträge" ab
Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung des GKG, das noch auf "Rückstände" abgestellt hat, wird bereits seit längerem (§ 42 Abs. 5 GKG a.F.; § 51 Abs. 2 FamGKG) auf die bei Einreichung "fälligen" Beträge abgestellt. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes (§ 1612 Abs. 3 BGB) ist der Unterhalt fällig am Ersten eines Monats, und zwar sogar im Voraus. Damit tritt also Fälligkeit bereits am Monatsersten ein, sodass laufender Unterhalt immer ein fälliger ist.
Soweit demgegenüber zum Teil die Auffassung vertreten wird, fällige Beträge seien erst ab dem zweiten Werktag hinzuzurechnen (so Krause in der Besprechung dieser Entscheidung FamRB 2012, 13), ist dies nicht zutreffend. Der gesetzliche Wortlaut ist eindeutig. Offenbar wird hier Verzug mit Fälligkeit verwechselt. Verzug tritt am zweiten Werktag ein (§ 286 Abs. 2 S. 1 BGB). § 51 Abs. 2 FamGKG stellt aber nicht auf den Verzug, sondern auf die Fälligkeit ab.
Fällige Beträge sind auch bei einstweiligen Anordnungen zu berücksichtigen
Zu beachten ist, dass auch in einstweiligen Anordnungsverfahren fällige Beträge – gegebenenfalls hälftig (§ 41 FamGKG) – hinzuzurechnen sind (OLG München AGS 2011, 306 = NJW-Spezial 2011, 476; OLG Köln AGS 2010, 618 = FamRZ 2011, 758 = RVGreport 2011, 114 = FamFR 2011, 15).