Einführung
Auch PKH- und VKH-Anwälte haben Recht auf Vorschuss
Ist der Anwalt im Wege der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe beigeordnet worden, kann er nach § 47 RVG einen Vorschuss verlangen. Vorschusspflichtig ist in diesem Fall ausschließlich die Staatskasse (§§ 45 Abs. 1 S. 1, 47 Abs. 1 RVG). Vom Mandanten darf nach Beiordnung kein Vorschuss mehr eingefordert werden (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).
I. Gebühren
Gebühren müssen entstanden sein
Soweit der Anwalt gegenüber der Staatskasse einen Vorschuss auf Gebühren geltend macht, müssen diese bereits entstanden sein. Dann darf sie der Anwalt aber auch in voller Höhe verlangen. Einen Vorschuss auf künftig erst entstehende Gebühren kann der beigeordnete Anwalt – im Gegensatz zum Pflichtanwalt – nicht geltend machen.
Bei Wertgebühren über 3.000,00 EUR beschränkt sich der Vorschussanspruch selbstverständlich auf die Gebühren nach der Tabelle des § 49 RVG (OLG Bamberg JurBüro 1990, 725). Auf die weitere Vergütung (§ 50 RVG) kann der Anwalt dagegen keinen Vorschuss verlangen. Die weitere Vergütung kann er erst am Schluss des Verfahrens geltend machen.
Vorschuss auch in Sozialsachen möglich
Bei Betragsrahmengebühren in Sozialgerichtsverfahren lässt sich die tatsächlich verdiente Gebühr nicht so ohne Weiteres ermitteln. Der nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Anwalt kann jedoch auch in diesen Fällen Vorschuss beanspruchen (BSG MDR 1991, 680). Insoweit hat sich die Übung herausgebildet, bei der Festlegung des Vorschusses die Mittelgebühr zugrunde zu legen (LSG Baden-Württemberg JurBüro 1990, 883), zumal ohnehin letztlich noch eine Schlussabrechnung zu erfolgen hat.
In Strafsachen, etwa bei der Beiordnung eines Nebenklägers, können die Festbeträge eines Pflichtanwalts vorschussweise verlangt werden.
II. Auslagen
Auslagen müssen noch nicht angefallen sein
Soweit Auslagen bevorschusst werden sollen, ist der Anspruch des beigeordneten Anwalts deckungsgleich mit dem Anspruch des Wahlanwalts gegen die Partei (§ 9 RVG). Allerdings können nur solche bereits angefallenen oder voraussichtlich noch entstehenden Auslagen verlangt werden, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich waren oder sein werden (§ 46 Abs. 1 RVG).
III. Verfahren
Festsetzung erfolgt nach § 55 RVG
Die Festsetzung und Auszahlung des Vorschusses erfolgt auf Antrag des Anwalts nach § 55 Abs. 1 S. 1 RVG. Gegen die Weigerung, den angeforderten Vorschuss auszuzahlen, kann der Anwalt Erinnerung einlegen und gegen eine Erinnerungsentscheidung Beschwerde, wenn der Wert 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde in der Entscheidung über die Erinnerung zugelassen worden ist (§ 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG).
IV. Nachforderungsrecht des Anwalts
Nachforderung ist möglich
Die Zahlung eines Vorschusses steht ohne Weiteres unter dem Vorbehalt der endgültigen Abrechnung, auch wenn dies nicht ausdrücklich erklärt wird. Das folgt bereits aus dem Begriff des Vorschusses. Daher kann der Anwalt später selbstverständlich Nachforderungen stellen, wenn seine Vergütungsansprüche letztlich höher ausfallen.
V. Rückforderungsrecht der Staatskasse
Zuviel gezahlte Vorschüsse sind zurückzuzahlen
Andererseits kann die Staatskasse zuviel gezahlte Beträge zurückverlangen, wenn die Schlussrechnung hinter dem bevorschussten Betrag zurückbleibt, etwa weil der Streitwert später niedriger festgesetzt worden ist oder weil sich herausstellt, dass ein ursprünglich angenommener Gebührentatbestand doch nicht verwirklicht worden ist; das betrifft auch bevorschusste künftige Auslagen, die gar nicht entstanden sind.