Leitsatz
In einem Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO ist nur die Partei als Kostengläubigerin oder -schuldnerin beschwerdebefugt, nicht aber ihr Verfahrensbevollmächtigter oder ein Dritter.
LG Stuttgart, Beschl. v. 12.12.2017 – 19 T 296/17
1 Der Fall
Zwischen den Parteien war vor dem AG ein Rechtsstreit auf Räumung und Herausgabe anhängig. In der mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin die Klage gegen die Beklagte zu 2) zurück. Hiernach schlossen die Klägerin und der Beklagte zu 1) einen Vergleich, mit dem die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) vom Beklagten zu 1) zu tragen sind. In einem späteren Beschluss legte das AG die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) der Klägerin auf.
Daraufhin stellte die Prozessbevollmächtigte, die beide Beklagte vertreten hatte, Antrag auf Festsetzung folgender Kosten:
1,6 Verfahrensgebühr Nrn. 3100, 1008 VV |
|
|
1.860,80 EUR |
(Gegenstandswert: 46.645,29 EUR) |
|
|
|
Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV |
|
|
20,00 EUR |
Zwischensumme netto |
1.880,80 EUR |
|
|
19 % Umsatzsteuer |
|
357,35 EUR |
|
Gesamt |
|
2.238,15 EUR |
|
Die Rechtspflegerin des AG hat lediglich den Betrag festgesetzt, der anteilig auf den Beklagten zu 2) entfiel.
Der Beklagte zu 1) erhob hiergegen "Gegenvorstellung oder ein anderes geeignetes Rechtsmittel" und zwar für sich selbst und für die Beklagte zu 2). In der Begründung führte er aus, dass er selbst keinen Anwalt beauftragt hätte und dies nur aufgrund der Beteiligung der Beklagten zu 2) am Verfahren geschehen sei. Deshalb seien außergerichtliche Kosten nur für die Beklagte zu 2) entstanden und von der Gegenseite direkt an diese zu bezahlen.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem LG vorgelegt, das die Beschwerde teilweise als unzulässig verworfen hat.
2 Die Entscheidung
Anwalt ist nicht beschwerdebefugt
Beschwerdeberechtigt sei nur die Partei als Kostengläubigerin oder -schuldnerin, nicht aber ihr Verfahrensbevollmächtigter. Diesem stehe weder ein eigenes Beschwerde- noch Erinnerungsrecht zu, weil er lediglich einen Anspruch auf Zahlung seiner Gebühren gegen die von ihm vertretene Partei habe (BVerfG NJW 1997, 3430).
Beklagter zu 1) ist ebenfalls nicht beschwerdebefugt
Aber auch der Beklagte zu 1) sei nicht beschwert. Ein Kostengläubiger sei nur beschwert, wenn und soweit ihm der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsbeschluss weniger Kosten zugesprochen habe als beantragt (formelle Beschwer). Der Kostenschuldner sei beschwert, wenn und soweit der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsbeschluss gegen ihn Kosten festgesetzt habe (materielle Beschwer).
Beschwer nur bei Aberkennung eigener oder Belastung mit fremden Kosten
Im Rahmen einer Kostenfestsetzungsbeschwerde könne die Beschwer ausschließlich in der Aberkennung beantragter eigener Kosten oder in der Zuerkennung von Kosten zugunsten der Gegenseite liegen (MüKo-ZPO/Schulz, 5. Aufl., 2016, ZPO § 104 Rn 82). Prüfungsmaßstab der sofortigen Beschwerde sei daher ausschließlich die im Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kosten, nicht jedoch materiell-rechtliche Einwände gegen den Hauptsachanspruch des Titels. Solche Einwände seien im Rahmen der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungs beschluss nicht zu prüfen, sondern gegebenenfalls in einem Rechtsmittelverfahren gegen die Kostenentscheidung.
Beschwerde zugunsten Dritter ist nicht möglich
Soweit sich der Beklagte zu 1) mit der sofortigen Beschwerde selbst gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richte, sei dieser nicht beschwert und somit auch nicht beschwerdeberechtigt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss setze ausschließlich die von der Klagepartei an die Beklagte zu 2) zu erstattenden Kosten fest. Der Beklagte zu 1) sei hierbei nicht beteiligt. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass es dem Beklagten zu 1) offensichtlich darauf ankomme, dass die Klägerin auch die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten an die Beklagte zu 2) erstatte.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) sei daher als unzulässig zu verwerfen.
Soweit die Beschwerde im Namen der Beklagten zu 2) eingelegt worden sei, sei sie zwar zulässig, aber unbegründet.
3 Praxistipp
Gegenauffassung ist nicht haltbar
Zutreffend ist, dass ein Prozessbevollmächtigter niemals in eigenem Namen eine zulässige Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss einlegen kann. Soweit das OVG Lüneburg (AGS 2017, 382) im Rahmen einer Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung ausführt: "Die Beschwerde ist zulässig; insbesondere konnte sie durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers in eigenem Namen eingelegt werden (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., 2014, § 165 Rn 4; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., 2015, § 165 Rn 4)", ist das nicht nachzuvollziehen. Ein Prozessbevollmächtigter kann niemals durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss zugunsten oder zulasten seiner Partei beschwert sein. Daher kann er auch keine Beschwerde in eigenem Namen führen.
Ausnahme: Festsetzung nach § 126 ZPO
Lediglich im Fall des § 126 ZPO ist der Anwalt selbst beschwerdeberechtigt, da ...