Erinnerung ist gesonderte Angelegenheit

Die Entscheidung des SG Chemnitz ist falsch und widerspricht der ganz überwiegenden Rspr. Es handelt sich nämlich tatsächlich um ein Versehen des Gesetzgebers, wie sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt.

Keine Änderung gegenüber BRAGO beabsichtigt

Nach der früheren Fassung des § 61 BRAGO waren sämtliche Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzung als gesonderte Angelegenheiten zu behandeln, unabhängig davon, ob die Kostenfestsetzung vom Rechtspfleger durchgeführt wurde oder – wie vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit – vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Das RVG wollte diese Regelung nicht ändern, sondern ausweislich seiner Begründung beibehalten. Der davon abweichende Wortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG war dem Gesetzgeber bei der Formulierung der Vorschrift nicht bewusst.

H.M. sieht Erinnerung als gesonderte Angelegenheit an

Daher geht die ganz überwiegende Rspr. sowohl in der Verwaltungs- als auch in der Sozialgerichtsbarkeit davon aus, dass die Erinnerung im Rahmen der Kostenfestsetzung eine gesonderte Angelegenheit darstellt und damit auch eine gesonderte Vergütung auslöst.

  So für verwaltungsgerichtliche Verfahren: BVerwG AGS 2007, 406 = NVwZ-RR 2007, 717 = Rpfleger 2007, 595 = JurBüro 2007, 534 = BayVBl 2008, 91 = Buchholz 363 § 18 RVG Nr. 1 = RVGreport 2007, 342.
  Für sozialgerichtliche Verfahren: SG Berlin RVGreport 2011, 101; AGS 2008, 88 = ASR 2008, 111 = RVGreport 2008, 22 = NJW-Spezial 2008, 93; SG Fulda ASR 2010, 87 = NZS 2011, 199; SG Karlruhe rv 2010, 120; SG Cottbus AGS 2011, 130.

Angemessen ist i.d.R. doppelte Mindestgebühr

Hinsichtlich der Höhe der Verfahrensgebühr geht die Rspr. im Rahmen der Sozialgerichtsbarkeit davon aus, dass für eine Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren in der Regel von der doppelten Mindestgebühr auszugehen ist, da die Tätigkeit im Erinnerungsverfahren von geringerer Bedeutung sei und keinen übermäßigen Aufwand erfordere (SG Berlin AGS 2012, 20).

Ausblick 2. KostRMoG: Klarstellung beabsichtigt

Dem Gesetzgeber ist zwischenzeitlich sein Versehen bewusst geworden. Daher hat er bereits eine Änderung des § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG in Angriff genommen. Die Vorschrift soll mit dem 2. KostRMoG folgende Fassung erhalten:

 

§ 18 Besondere Angelegenheiten

(1) Besondere Angelegenheiten sind

1. (…)

3. solche Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses richten, jedes Beschwerdeverfahren, jedes Verfahren über eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss und jedes sonstige Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers, soweit sich aus § 16 Nummer 10 nichts anderes ergibt …

Damit ist zukünftig klargestellt, dass der Anwalt auch in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit sowohl für die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss als auch gegen den Kostenansatz eine gesonderte Vergütung erhält.

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