I. Gesamtschuldnerische Haftung
Sind auf Seiten einer Partei mehrere Personen als Streitgenossen beteiligt, so kommt unter Umständen ihre gesamtschuldnerische Haftung für die Kosten des Verfahrens in Betracht.
Gesamtschuldnerische Haftung ist für den Kostengläubiger günstig
Für den Kostengläubiger ist es dabei günstig, wenn er auf der Gegenseite mehrere Kostenschuldner hat, die ihm als Gesamtschuldner haften, da dann seine Aussichten, die Kostenerstattung zu realisieren, größer sind, denn er kann die Leistung von jedem in voller Höhe verlangen (§ 421 Abs. 1 BGB).
Daher ist es für den Anwalt auf Seiten der erstattungsberechtigten Partei wichtig zu erkennen, ob auf der Gegenseite eine Gesamtschuldnerschaft besteht, und darauf zu achten, dass diese vom Gericht auch ausgesprochen wird, was häufig versäumt wird.
Gesamtschuldnerische Haftung ist für den Kostenschuldner nachteilig
Auf Seiten der erstattungspflichtigen Partei wirkt sich dagegen eine Gesamtschuldnerschaft in der Regel ungünstig aus, da dann ein solventer Streitgenosse unter Umständen auch für den Anteil anderer insolventer Streitgenossen mithaftet und keine Aussicht hat, seinen Anteil im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB zurückfordern zu können.
Für den Anwalt auf Seiten der erstattungspflichtigen Partei ist es daher wichtig, darauf zu achten, dass nicht zu Unrecht eine Gesamtschuldnerschaft ausgesprochen wird, was in der Praxis allerdings ebenso häufig vorkommt.
II. Gesetzliche Regelung
Ausgangspunkt für die Kostenentscheidung ist dabei die Vorschrift des § 100 Abs. 4 ZPO. Diese Vorschrift ist die einzige Möglichkeit – abgesehen von einer vergleichsweisen Kostenregelung –, nach der eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer erstattungspflichtiger Streitgenossen in Betracht kommt.
III. Gesamtschuldnerische Haftung aufgrund Urteils
Gesamtschuldnerische Haftung nur für Beklagte möglich
Eine gesamtschuldnerische Verurteilung hinsichtlich der zu erstattenden Kosten kommt nur bei mehreren Beklagten in Betracht (§ 100 Abs. 4 ZPO). Mehrere Kläger können in ihrer Eigenschaft als Kläger niemals gesamtschuldnerisch auf Kosten verurteilt werden. Sie haften immer nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO). In Betracht kommt eine Haftung mehrerer Kläger allerdings, soweit sie als Widerbeklagte gesamtschuldnerisch verurteilt werden. Dann gilt für sie insoweit das Gleiche wie für einen gewöhnlichen Beklagten.
Fehlt es an einer gesamtschuldnerischen Verurteilung mehrerer Beklagter in der Hauptsache, ist zwingend nach Kopfteilen festzusetzen (§ 100 Abs. 1 ZPO).
Verurteilung in der Hauptsache als Gesamtschuldner
Eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Beklagter hinsichtlich der Kosten setzt nach § 100 Abs. 4 ZPO weiterhin voraus, dass die Beklagten in der Hauptsache als Gesamtschuldner verurteilt worden sind (OLG Hamm Rpfleger 1974, 271 = JurBüro 1974, 886). Die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Beklagter kann sich dabei auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (OLG Brandenburg AGS 2009, 49 = ErbR 2009, 51 = NJW-Spezial 2009, 91).
Urteilsberichtigung oder -ergänzung möglich
Ist der Ausspruch der Gesamtschuldnerschaft im Urteilstenor unterblieben, kann die Mithaftung im Wege der Urteilsberichtigung (§ 319 ZPO) oder der Urteilsergänzung (§ 321 ZPO) nachgeholt werden. Denkbar wäre auch die Nachholung im Wege der Gehörsrüge nach § 321a ZPO (OLG Hamm Rpfleger 1975, 143).
Wird der Ausspruch der gesamtschuldnerischen Haftung in der Hauptsache versäumt und ergibt er sich auch nicht aus den Urteilsgründen, scheidet eine gesamtschuldnerische Kostenhaftung aus, selbst dann, wenn sie nach materiellem Recht gegeben wäre.
Die gesamtschuldnerische Haftung nach bürgerlichem Recht bleibt davon allerdings unberührt (§ 100 Abs. 4 S. 3 ZPO).
Besondere Angriffsmittel eines Gesamtschuldners
Soweit vertreten wird, auch bei dem Ausspruch gesamtschuldnerischer Haftung dürfe nicht gesamtschuldnerisch festgesetzt werden, wenn die Voraussetzungen des § 100 Abs. 3 ZPO (besondere Angriffs- oder Verteidigungsmittel eines Streitgenossen) offen zutage träten (OLG Schleswig JurBüro 1993, 742 = SchlHA 1993, 259), kann dem nicht gefolgt werden. Die Austrennung bestimmter Kosten nach § 100 Abs. 3 ZPO ist allein dem Erkenntnisverfahren vorbehalten und kann nicht im Kostenfestsetzungsverfahren korrigiert werden.
Keine Gesamtschuld bei verurteilten Miterben
Sind mehrere Mitglieder einer Erbengemeinschaft verurteilt, so haften sie nicht als Gesamtschuldner, sodass auch eine gesamtschuldnerische Haftung für die Kosten nach § 100 Abs. 4 ZPO nicht in Betracht kommt. Festzusetzen ist gem. § 100 Abs. 1 ZPO nach Kopfteilen (OLG Brandenburg AGS 2009, 49 = ErbR 2009, 51 = NJW-Spezial 2009, 91).
Rechtsmittelverfahren
Sind mehrere Beklagte erstinstanzlich als Gesamtschuldner verurteilt worden, so haften sie nach § 100 Abs. 4 ZPO auch für die Kosten eines Berufungs- oder Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner. Eines ausdrücklichen Ausspruchs im Rechtsmittelverfahren bedarf es dazu nicht (LG Köln MDR 1981, 502 = VersR 1981, 889; OLG Frankfurt JurBüro 1984, 605).
IV. Gesamtschuldnerische Haftung aufgrund Beschlusses nach § 91a ZPO
Gesamtschuldnerische Haftung ist mö...