I. Ausgangslage
Vorüberlegung zum Gerichtsstand erforderlich
Muss der Anwalt seine Vergütung einklagen, stellt sich für ihn die Frage, vor welchem Gericht er klagen soll. Häufig stehen mehrere Gerichte zur Auswahl, was im Vorfeld nicht genügend bedacht wird und im Nachhinein nicht mehr zu korrigieren ist.
Soweit der Anwalt zunächst versucht, seine Forderung(en) im Mahnverfahren durchzusetzen, muss er sich bereits hier überlegen, vor welchem Abgabegericht er das streitige Verfahren durchführen will, da dieses schon im Mahnverfahren angegeben werden muss (§ 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO).
II. Auswirkungen der Gerichtsstandwahl
Argumente für die Wahl des Ortes
Die Wahl des Gerichtsstands im Vergütungsprozess hat in mehrerer Hinsicht Bedeutung. Zum einen ist es für den Anwalt angenehmer, wenn er am eigenen Gericht klagen kann und nicht am auswärtigen Gericht des Mandanten klagen muss. Er spart Zeit und Reisekosten. Andererseits möchte der Anwalt manchmal aber auch gerade nicht am eigenen Gericht klagen, wo man ihn kennt, sondern vor einem auswärtigen Gericht, insbesondere, wenn der Mandant Schlechterfüllung einwendet.
Argumente für das Hauptsachegericht
In manchen Fällen kann es auch günstiger sein, vor dem Gericht des Hauptsacheprozesses zu klagen, vor dem die Vergütung entstanden ist, da hiervon ggfs. ein besseres Verständnis des Vorprozesses zu erwarten ist, insbesondere dann, wenn sogar derselbe Richter oder dieselbe Kammer für den Vergütungsprozess zuständig ist, der oder die schon den Vorprozess entschieden hat.
Argumente für die sachl. Zuständigkeit
Auch die Wahl, ob vor dem Amts- oder Landgericht geklagt wird, kann für den weiteren Prozessverlauf von Bedeutung sein. Wird die Vergütungsklage vor dem Landgericht erhoben, wird der ehemalige Mandant damit gezwungen, einen Anwalt zu beauftragen, was er ggfs. aus Kostengründen scheut. Dagegen kann er sich vor dem Amtsgericht selbst vertreten und damit den Prozess durch unsinnige Einwendungen in die Länge ziehen.
III. Kein Gerichtsstand des Erfüllungsortes am Sitz der Kanzlei
Kanzlei ist regelmäßig nicht Erfüllungsort der Vergütung
Früher nahm die Rechtsprechung an, die Vergütungsklage des Anwalts könne immer an dem für seinen Kanzleisitz zuständigen Gericht erhoben werden, da Erfüllungsort der anwaltlichen Tätigkeit der Ort der Kanzlei und damit der Gerichtsstand des § 29 ZPO gegeben sei. Diese Rechtsprechung ist aber seit der Entscheidung des BGH (AGS 2004, 9 = FamRZ 2004, 95 = NJW 2004, 54 = MDR 2004, 164 = DAR 2004, 177 = VersR 2004, 757 = AnwBl 2004, 119 = RVGreport 2004, 29) überholt. Es besteht grds. nicht die Möglichkeit, am eigenen Gericht als dem Gericht des Erfüllungsorts zu klagen. In Ausnahmefällen mag dies ggfs. möglich sein.
IV. Allgemeiner Gerichtsstand
Sitz oder Wohnsitz des Beklagten
Möglich ist es immer, den Mandanten in dessen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12 ff. ZPO) zu verklagen. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich dann nach § 23 GVG. Bei Streitwerten von über 5.000,00 EUR ist das Landgericht zuständig, bei geringeren Werten das Amtsgericht.
V. Besondere Gerichtsstände
Neben dem allgemeinen Gerichtsstand kommen selbstverständlich auch die besonderen Gerichtsstände nach §§ 20 ff. ZPO in Betracht.
VI. Gerichtsstand des § 34 ZPO
Klage am Gericht des Hauptprozesses immer möglich
Von besonderem Interesse ist der Gerichtsstand des § 34 ZPO. Danach kann ein Anwalt nämlich wegen seiner Vergütung auch vor dem Gericht des Hauptprozesses klagen. Verkannt wird dabei häufig, dass es sich bei der Vorschrift des § 34 ZPO nicht nur um eine Regelung zur örtlichen Zuständigkeit handelt, sondern auch um eine Vorschrift zur sachlichen Zuständigkeit. Das bedeutet, dass auch Vergütungsforderungen von unter 5.000,01 EUR vor dem Landgericht einge klagt werden können, wenn dort der Hauptprozess stattgefunden hatte. Umgekehrt kann vor dem Amtsgericht auch dann geklagt werden, wenn der Vergütungsanspruch den Betrag von 5.000,00 EUR übersteigt.
Beispiel
Der Anwalt begehrt aus einem Rechtsstreit vor dem LG Dortmund eine Vergütung i.H.v. restlichen 4.000,00 EUR. Der Anwalt hat seine Kanzlei in Köln; der Mandant hat seinen Sitz in Düsseldorf.
Der Gerichtsstand Köln als vermeintlicher Gerichtsstand des Erfüllungsorts scheidet aus (s.o. BGH AGS 2004, 9 = FamRZ 2004, 95 = NJW 2004, 54 = MDR 2004, 164 = DAR 2004, 177 = VersR 2004, 757 = AnwBl 2004, 119 = RVGreport 2004, 29).
Möglich ist eine Klage vor dem allgemeinen Gerichtsstand (§ 12 ZPO) in Düsseldorf. Zuständig wäre dann das Amtsgericht.
Möglich ist aber auch eine Klage in Dortmund. Hier kann sich der Anwalt lediglich auf die örtliche Zuständigkeit nach § 34 ZPO berufen und vor dem AG Dortmund klagen. Er kann sich aber auch die sachliche Zuständigkeit nach § 34 ZPO berufen und vor dem LG Dortmund klagen.
Um welche Art "Hauptprozess" es sich gehandelt hat, ist unerheblich. Die Vorschrift des § 34 ZPO gilt allerdings nicht für Strafsachen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 34 Rn 4). Honorare aus Strafprozessen können nicht im Gerichtsstand des § 34 ZPO eingeklagt werden.
Auch wird durch § 34 ZPO nicht die Zuständigkeit des Familiengerichts begründet. Hier ist immer – wertunabhängig – die Prozessabteilung des jeweiligen Amtsgerichts zuständ...