Leitsatz
Beauftragten mehrere durch denselben Unfall geschädigte Personen denselben Anwalt und erteilen sie ihm gesonderte Aufträge, so kann der Anwalt diese gesonderten Aufträge auch gesondert abrechnen. Die Kosten dieser getrennten Schadensregulierung sind vom Haftpflichtversicherer auch zu ersetzen. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den Geschädigten um Eheleute handelt.
AG Brilon, Urt. v. 24.7.2017 – 2 C 18/17
1 Der Fall
Der Kläger und seine Ehefrau waren durch einen Verkehrsunfall geschädigt worden. Sie haben sodann denselben Anwalt mit der Schadensregulierung beauftragt, wobei sie dem Anwalt allerdings getrennte Aufträge erteilt haben. Nach Abschluss der Regulierung bei voller Einstandspflicht des gegnerischen Haftpflichtversicherers rechnete der Anwalt beide Mandate gesondert ab und forderte die Rechnungsbeträge als Schadensersatz vom gegnerischen Versicherer für die Mandanten ein. Der Versicherer zahlte die Kosten nur in der Höhe, wie sie bei einem gemeinsamen Auftrag beider Eheleute entstanden wären. Die Klage auf den Differenzbetrag hatte Erfolg.
2 Die Entscheidung
Aufträge sind gesondert zu vergüten
Bei der Vertretung der Ehefrau und des Ehemannes handelt es sich um verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG, so dass die Tätigkeit des Anwalts auch gesondert zu vergüten ist. Ein Tätigwerden in derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG liegt nur dann vor, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Ein einheitlicher Auftrag, ein Tätigwerden in gleichem Rahmen sowie ein innerer Zusammenhang. Die Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Prozessbevollmächtigte ist mit zwei verschiedenen Mandaten beauftragt worden. Zudem bezogen sich die Aufträge auf unterschiedliche Schadenspositionen. Während es bei der Ehefrau um Personenschaden und die Geltendmachung von Schmerzensgeld ging, hatte der Ehemann den Sachschaden am Pkw geltend gemacht. Der Prozessbevollmächtigte der Eheleute hat auch getrennte Akten mit gesonderten Aktenzeichen geführt und auch gesondert mit den beiden Ehepartnern korrespondiert.
3 Praxistipp
Entscheidung entspricht einhelliger Rechtsprechung
Es entspricht zwischenzeitlich einhelliger Rspr., dass bei einer getrennten Beauftragung des Anwalts durch mehrere Unfallgeschädigte desselben Verkehrsunfalls auch mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten vorliegen. Des Weiteren entspricht es einhelliger Rechtsprechung, dass die Geschädigten nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, wenn sie den Anwalt jeweils gesondert beauftragen. Es gibt keine Pflicht, dass mehrere Geschädigte sich zwecks Schadensregulierung zusammenschließen und einen eigenen Anwalt beauftragen.
Gesonderte Aufträge dokumentieren
Um später auch dokumentieren zu können, dass die Angelegenheiten gesondert beauftragt und bearbeitet worden sind, bietet es sich an, wie hier vom Kollegen vorbildlich gehandhabt, sich gesonderte Vollmachten erteilen zu lassen und gesonderte Akten mit gesonderten Aktenzeichen anzulegen und die Korrespondenz auch gesondert zu führen.
AGKompakt 6/2018, S. 62