Wickelt der Anwalt Zahlungen über sein Konto ab oder leitet er Wertpapiere oder Kostbarkeiten weiter, so kann er hierfür Hebegebühren nach Nr. 1009 VV berechnen.
Hebegebühren nur von Aus- oder Rückzahlungen
Zu beachten ist, dass der Anwalt die Hebegebühren nur von Aus- oder Zurückzahlungen bzw. Ablieferungen und Rücklieferungen berechnen kann, nicht auch von Zahlungseingängen oder für die Entgegennahme von Wertpapieren oder Kostbarkeiten.
Unbare Zahlungen, also z.B. Überweisungen, Scheckübergabe oder -übersendung, stehen der Barauszahlung gleich.
Höhe der Hebegebühren
Die Höhe der Hebegebühren errechnet sich nach Nr. 1009 Nr. 1 bis 3 VV wie folgt: Bei Aus- oder Rückzahlungen erhält der Anwalt:
Beispiel
bis einschließlich 2.500,00 EUR (Nr. 1009 Nr. 1VV ) |
1 % |
aus dem Mehrbetrag bis einschließlich 10.000,00 EUR (Nr. 1009 Nr. 2 VV) und |
0,5 % |
aus dem Mehrbetrag über 10.000,00 EUR (Nr. 1009 Nr. 3 VV) |
0,25 % |
Berechnungsformeln
Die Hebegebühren lassen sich je nach Höhe mit folgenden Formeln berechnen:
1. Beträge oder Werte bis einschließlich 2.500,00 EUR
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Betrag x 1 % |
oder |
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Betrag |
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100 |
2. Beträge oder Werte von 2.500,01 EUR bis einschließlich 10.000,00 EUR
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(Betrag – 2.500,00 EUR) x 0,5 % + 25,00 EUR |
oder |
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Betrag – 2.500 EUR |
+ 25,00 EUR |
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200 |
3. Beträge oder Werte über 10.000,00 EUR
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(Betrag – 10.000,00 EUR) x 0,25 % + 62,50 EUR |
oder |
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|
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Betrag – 10.000 EUR |
+ 62,50 EUR |
|
400 |
Mindestgebühr 1,00 EUR
Die Mindestgebühr beträgt 1,00 EUR. Ab 0,5 Cent wird aufgerundet, darunter wird abgerundet (§ 2 Abs. 2 S. 2 RVG).
Geldbetrag ist maßgebend
Der Gegenstandswert richtet sich auch hier nach den §§ 22 ff. RVG. Maßgebend ist im Falle einer Geldzahlung der ausgezahlte Betrag.
Zinsen und Kosten sind zu berücksichtigen
Ausgezahlte Zinsen und Kosten sind werterhöhend; Kosten allerdings dann nicht, soweit sie an ein Gericht oder eine Behörde weitergeleitet oder eingezogene Kosten an den Auftraggeber abgeführt werden (Anm. Abs. 5 zu Nr. 1009 VV).
Bei Wertgebühren und Kostbarkeiten gilt der Verkehrswert
Werden Wertgegenstände oder Kostbarkeiten ausgehändigt, so gilt deren Verkehrswert (§ 23 Abs. 3 S. 1 RVG i.V.m. § 18 Abs. 2 KostO).
Beispiel
Der Anwalt erhält vom Gegner eine Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR und leitet diese an den Mandanten weiter. Der Anwalt kann für die Auszahlung berechnen:
1. |
Hebegebühr, |
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1 % aus 2.500,00 EUR, Nr. 1009 Nr. 1 VV |
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25,00 EUR |
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0,5 % aus 7.500,00 EUR, Nr. 1009 Nr. 2 VV |
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37,50 EUR |
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0,25 % aus 5.000,00 EUR, Nr. 1009 Nr. 3 VV |
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12,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
15,00 EUR |
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Zwischensumme |
90,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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17,10 EUR |
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Gesamt |
|
107,10 EUR |
Eigene Angelegenheit
Jede Auszahlung ist dabei eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG. Erfolgen also mehrere Auszahlungen, erhält der Anwalt die Hebegebühr aus jeder Auszahlung gesondert, unabhängig davon, ob der Zahlungseingang auch gesondert oder einheitlich war.
Beispiel
Der Anwalt erhält in einer Verkehrsunfallsache vom gegnerischen Versicherer eine Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR. Er leitet davon 10.000,00 EUR an die Werkstatt weiter und 5.000,00 EUR an den Mandanten.
Der Anwalt kann jetzt die Hebegebühr nebst Auslagen zweimal berechnen, und zwar wie folgt:
I. Auszahlung der 10.000,00 EUR
1. |
Hebegebühr, |
|
|
|
1 % aus 2.500,00 EUR, Nr. 1009 Nr. 1 VV |
|
25,00 EUR |
|
0,5 % aus 7.500,00 EUR, Nr. 1009 Nr. 2 VV |
|
37,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
12,50 EUR |
|
Zwischensumme |
75,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
14,25 EUR |
|
Gesamt |
|
89,25 EUR |
II. Auszahlung der 5.000,00 EUR
1. |
Hebegebühr, |
|
|
|
1 % aus 2.500,00 EUR, Nr. 1009 Nr. 1 VV |
|
25,00 EUR |
|
0,5 % aus 2.500,00 EUR, Nr. 1009 Nr. 2 VV |
|
12,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
7,50 EUR |
|
Zwischensumme |
45,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
8,55 EUR |
|
Gesamt |
|
53,55 EUR |
Umgekehrt erhält der Anwalt die Hebegebühr nur einmal, wenn das Geld in mehreren Teilzahlungen bei ihm eingeht, er es aber einheitlich auszahlt.
Beispiel
Der Anwalt erhält vom Gegner eine erste Teilzahlung in Höhe von 4.000,00 EUR und später eine weitere Teilzahlung in Höhe von 3.000,00 EUR. Er zahlt die gesamten 7.000,00 EUR auf einmal aus.
Der Anwalt kann jetzt die Hebegebühr nebst Auslagen nur einmal aus dem Gesamtwert (§ 22 Abs. 1 RVG) berechnen:
1. |
Hebegebühr, |
|
|
|
1 % aus 2.500,00 EUR, Nr. 1009 Nr. 1 VV |
|
25,00 EUR |
|
0,5 % aus 4.500,00 EUR, Nr. 1009 Nr. 2 VV |
|
22,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
9,50 EUR |
|
Zwischensumme |
57,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
10,83 EUR |
|
Gesamt |
|
67,83 EUR |
Entnahmerecht des Anwalts
Der Anwalt ist berechtigt, die ihm zustehenden Hebegebühren unmittelbar bei Weiterleitung der Fremdgelder an den Auftraggeber zu entnehmen (Anm. Abs. 2 S. 2 zu Nr. 1009 VV). Ein Einverständnis des Auftraggebers ist nicht erforderlich. Es handelt sich bei dieser Vorschrift um ein spezielles Vorschussrecht, denn auch die Hebegebühr wird gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG erst mit Beendigung des Auftrags fällig, also mit Ablieferung des Geldes (AnwK...