Leitsatz
Bei einem inhaltsgleichen, gegen zwei Verpflichtete gerichteten Unterlassungsbegehren handelt es sich um unterschiedliche Gegenstände, wenn jeder Gegner selbstständig nur für sich selbst erfüllen kann. Eine Erhöhung der Verfahrensgebühr wird in einem derartigen Fall nicht ausgelöst.
OLG Koblenz, Beschl. v. 30.1.2011 – 14 W 58/11
1 I. Der Fall
Die Antragstellerin hatte beantragt, gegen mehrere in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundene Verfügungsbeklagte eine einstweilige Verfügung zu erlassen, mit der ihnen aufgegeben werden sollte, den Betrieb eines Kinos zu unterlassen. Nach Rücknahme ihres Antrags sind der Antragstellerin die gesamten Verfahrenskosten auferlegt worden. Daraufhin haben die Antragsgegner die Festsetzung einer nach Nr. 1008 VV erhöhten Verfahrensgebühr beantragt. Die Rechtspflegerin hatte die Erhöhung abgesetzt. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 II. Die Entscheidung
Erhöhung setzt denselben Gegenstand voraus
Eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV ist nicht eingetreten, da die Prozessbevollmächtigten der beiden Antragsgegner diese nicht wegen desselben Gegenstands vertreten haben.
Unterlassungsansprüche sind gesonderte Gegenstände
Sind mehrere Schuldner jeweils zur Unterlassung verpflichtet, so schuldet jeder von ihnen nur seine eigene Unterlassung. Daher hat die Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung durch einen der Schuldner – anders als bei Leistungsansprüchen – nicht auch die Erfüllung der entsprechenden Verpflichtung des anderen Schuldners zur Folge. Konsequenterweise waren die Antragsgegner daher auch nicht als Gesamtschuldner auf Unterlassung in Anspruch genommen worden, sondern jeweils gesondert. Bei den zwar gleichlautenden, jedoch gegen verschiedene Antragsgegner gerichteten Unterlassungsbegehren handelte es sich demnach um unterschiedliche Gegenstände.
Jeder schuldet gesonderte Erfüllung
Im Gegensatz zur gesamtschuldnerischen Haftung nach § 421 BGB kann der Unterlassungsgläubiger, hier also der Antragsteller, die Leistung nicht nur einmal fordern, weil dem Unterlassen nicht die für die Gesamtschuld notwendige Gesamtwirkung der Erfüllung zukommt. Umgekehrt kann sich der einzelne Unterlassungsschuldner nicht, wie es § 422 Abs. 1 S. 1 BGB bei Gesamtschuldnern vorsieht, auf die Beachtung der Unterlassungspflicht durch den anderen Schuldner mit dem Ergebnis der Schuldbefreiung berufen.
Ordnungsgeld kann auch nur gesondert festgesetzt werden
Handelt einer der Schuldner der Unterlassungsverpflichtung zuwider, kann auch nur gegen ihn ein Ordnungsgeld nach § 890 ZPO verhängt werden, nicht auch gegen den anderen.
3 III. Der Praxistipp
Dass bei Unterlassungsansprüchen gegen mehrere Schuldner grundsätzlich eine Gegenstandsgleichheit zu verneinen und eine Gebührenerhöhung damit zu versagen ist, entspricht der ganz. h.M. (BGH AGS 2008, 327 = WRP 2008, 952 = NZG 2008, 514 = BGHR 2008, 935 = AnwBl 2008, 638 = NJW-Spezial 2008, 412 = JurBüro 2008, 416 = RVGreport 2008, 337 = MDR 2008, 1126; OLG Köln AGS 1993, 65 = OLGR 1993, 123 = JurBüro 1993, 671 = MDR 1993, 1021; OLG Koblenz VersR 1989, 1164 = JurBüro 1989, 959; AnwK-RVG/Volpert, 6. Aufl. 2012, Nr. 1008 VV Rn 39 m. w. Nachw.).