Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Mehrvertretungsgebühr im Unterlassungsprozess gegen BGB - Gesellschafter
Leitsatz (amtlich)
Bei einem inhaltsgleichen, gegen zwei Verpflichtete gerichteten Unterlassungsbegehren handelt es sich um verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten, wenn jeder Gegner selbständig nur für sich selbst erfüllen kann, selbst wenn das Ergebnis dasselbe ist. Eine Mehrvertretungsgebühr entsteht in einem derartigen Fall nicht und ist dementsprechend auch nicht zu erstatten.
Normenkette
RVG § 15; RVG-VV Nr. 1008; BGB §§ 420-421, § 705 ff., § 1004
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 16.12.2010; Aktenzeichen 4 HK O 95/10) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den eine weitere Kostenfestsetzung ablehnenden Beschluss des LG Koblenz vom 16.12.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegner haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu je ½ zu tragen.
3. Der Beschwerdewert beträgt 313,80 EUR.
Gründe
Die Rechtspflegerin hat es abgelehnt, die von den Verfügungsbeklagten geltend gemachte erhöhte Verfahrensgebühr für die Vertretung mehrerer Personen (Nr. 1008 VV - RVG) gegen den Antragsteller der einstweiligen Verfügung festzusetzen. Den in einer GbR verbundenen Verfügungsbeklagten sollte aufgegeben werden, den Betrieb eines Kinos zu unterlassen. Dem Anspruchsteller sind nach Rücknahme seines Antrags die gesamten Verfahrenskosten auferlegt worden.
Die Absetzung der Gebühr nach Nr. 1008 VV - RVG beanstandet die zulässige sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Die Rechtspflegerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Prozessbevollmächtigten der beiden Antragsgegner diese nicht in "derselben Angelegenheit" vertreten haben.
Bei Unterlassungsansprüchen gegen zwei Schuldner bewirkt die Beachtung der Unterlassungsverpflichtung durch einen Schuldner - anders als bei Leistungsansprüchen - nicht die Erfüllung der entsprechenden Verpflichtung des anderen Schuldners. Vielmehr obliegt jedem Schuldner unabhängig von seinen Mitverpflichteten die persönliche Beachtung der Unterlassungspflicht. Dementsprechend sind die Antragsgegner auch nicht als Gesamtschuldner auf Unterlassung in Anspruch genommen worden. Bei dem zwar inhaltsgleichen, jedoch gegen zwei Antragsgegner gerichteten Unterlassungsbegehren handelte es sich demnach um verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten. Identität der Angelegenheit ist nach Auffassung des Senats nicht gegeben, wenn es sich um ein gegen mehrere Personen gerichtetes Begehren handelt, dass jeder Gegner selbständig, wenn auch mit inhaltsgleichem Ziel, nur für sich selbst erfüllen kann. Anders als in § 421 BGB für die gesamtschuldnerische Haftung vorgesehen, kann der Unterlassungsgläubiger, hier also der Antragsteller, die Leistung nicht nur einmal fordern, weil dem Unterlassen nicht die für die Gesamtschuld notwendige Gesamtwirkung der Erfüllung zukommt. Umgekehrt kann sich der einzelne Unterlassungsschuldner nicht, wie § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB dies den Gesamtschuldnern ermöglicht, auf die Beachtung der Unterlassungspflicht durch den anderen Schuldner mit dem Ergebnis der Schuldbefreiung berufen (vgl. BGH v. 15.4.2008 - X ZB 12/06 - in BGHReport 2008, 935 m.w.N. und OLG Köln in MDR 1993, 1021). Handelte es sich demnach um jeweils eigenständige Rechte, die der Antragsteller gegen die Antragsgegner verfolgte, ist insoweit auch der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auf Antragsgegnerseite nicht derselbe.
Im Falle einer Zuwiderhandlung nur eines der beiden Schuldner gegen die Unterlassungsverpflichtung kann auch nur ihm ein Ordnungsgeld nach § 890 ZPO auferlegt werden. Bei Unterlassungsansprüchen ist die Gegenstandsgleichheit daher in der Regel zu verneinen und ein Mehrvertretungszuschlag zu versagen (vgl. OLG Koblenz in JurBüro 1989, 959 m.w.N.).
Auch beim vorliegenden Sachverhalt ist keine abweichende Sicht der Dinge möglich. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hat sich gegen jeden Beklagten einzeln gerichtet und die Erfüllung des Anspruchs - wenn er begründet gewesen wäre - durch den Beklagten zu 1) hätte den Beklagten zu 2) nicht davon befreit, auch seinerseits den Betrieb des Kinos zu unterlassen. Dass dieser Betrieb rein tatsächlich nur beiden Antraggegnern gemeinsam möglich gewesen wäre, ist nicht dargetan und auch nicht zu ersehen.
Das Rechtsmittel musste daher mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.
Es bestand kein Anlass für eine Entscheidung nach § 568 Satz 2 ZPO, um sodann die Rechtsbeschwerde zuzulassen. In der Kommentarliteratur werden zwar die in JurBüro 1994, 157 abgedruckte Entscheidung des OLG Köln und der in MDR 2000, 727 veröffentlichte Beschluss des OLG Hamburg als Beleg für die Auffassung zitiert, Verfolgung und Abwehr von Unterlassungsansprüchen durch BGB - Gesellschafter seien dieselbe Angelegenheit. In beiden Fällen handelte es sich indes um Aktivprozesse der BGB - Gesellschafter. Diese Fallkonstellation ist mit dem vorliegenden Passivprozess nicht vergleichbar, für den die maßgeblichen Rechtsfragen ...