Das LG hat zu Unrecht angenommen, der Beklagte könne mit der Honorarforderung aus der „Angelegenheit A“ gegen den Herausgabeanspruch aufrechnen; die erklärte Aufrechnung ist unzulässig.
1. Dem Rechtsanwalt, der vom Mandanten auf die Herausgabe von Fremdgeld in Anspruch genommen wird (§§ 675, 667 BGB), ist die Aufrechnung mit Honoraransprüchen aus auftragsfremden Angelegenheiten nur dann gestattet, wenn ein solches Vorgehen nicht gegen Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 BGB) verstößt (vgl. BGH NJW 1978, 1807; 1995, 1425; 2003, 140; 2005, 2927).
2. Im Streitfall liegt ein solcher Verstoß vor. Denn der Beklagte hat die Aufrechnungslage durch Vertragsverstöße hergestellt.
Die von der Klägerin schon in der Klageschrift dargestellte, vom Beklagten im ersten Rechtszug nicht bestrittene Abrechnungspraxis ist rechts- und vertragswidrig. Das Fremdgeld war bei dem Beklagten nach eigenem Vorbringen am 3.12.2003 eingegangen. Er hatte die Klägerin davon weder unverzüglich unterrichtet, noch hatte er das Fremdgeld unverzüglich, d.h. spätestens nach zwei Wochen, an sie ausgekehrt (vgl. BGH AnwBl 2005, 716 = MDR 2006, 231) oder in feststellbarer Weise auf ein für sie einzurichtendes Anderkonto eingezahlt (vgl. § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO), noch hatte er mit zu diesem Zeitpunkt fälligen und abgerechneten Gegenforderungen die Aufrechnung erklärt. Selbst wenn seine erst im zweiten Rechtszug aufgestellte Behauptung zutreffen sollte, die Klägerin von der Beitreibung der Forderung durch den zuständigen Gerichtsvollzieher am 5.12.2003 unterrichtet zu haben, fehlen die unverzügliche Mitteilung vom Geldeingang und die geschuldete Abrechnung des Fremdgeldes. Seine erst jetzt im zweiten Rechtszug aufgestellte Behauptung, er habe abgerechnet, ist unsubstanziiert; er legt weder die Abrechnung vor, noch nennt er das Datum der behaupteten Rechnungslegung. Auch trägt er nicht vor, wann er sie der Klägerin übermittelt haben will, so dass es auf die Präklusion dieses bestrittenen Vortrags im Berufungsrechtszug (§§ 529, 531 ZPO) nicht mehr ankommt. Auch nachdem die erst durch eigene Ermittlungen inzwischen vom Geldeingang unterrichtete Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 2.9.2004 aufgefordert hatte, das eingezogene Geld herauszugeben, erfolgte keine Abrechnung. Das geschah in feststellbarer Weise vielmehr erst mit Schriftsatz vom 1.2.2006.
Erst durch dieses vertragswidrige Vorgehen ist es dem Beklagten gelungen, die Aufrechnungslage herzustellen. Die hier relevante Gegenforderung aus der „Angelegenheit A“ ist erst durch die Übersendung der unterzeichneten Kostennote vom 21.5.2005 gem. § 18 Abs. 1 S. 1 BRAGO einforder- und aufrechenbar geworden (vgl. BGH AnwBl 1985, 257). Daraus folgt, dass der Beklagte die Aufrechnungslage (§ 387 BGB) erst durch schuldhafte Vertragsverstöße, nämlich etwa 1 1/2 Jahre nach Eintritt der Fälligkeit des Herausgabeanspruchs und erst 3/4 Jahr nach dem Zugang der Zahlungsaufforderung hergestellt hatte. Das ist treuwidrig i.S.d..§ 242 BGB (vgl. dazu BGH AnwBl 2005, 716 = MDR 2006, 231) und steht der Aufrechnung entgegen.
Dabei kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob die (auch erst im zweiten Rechtszug aufgestellte und unter Beweis gestellte) Behauptung des Beklagten zutrifft, es habe zwischen den Parteien eine Verrechnungsvereinbarung bestanden. Es versteht sich von selbst, dass eine vereinbarte Verrechnung nur zeitnah zum Eintritt der Fälligkeit des Herausgabeanspruchs mit zu diesem Zeitpunkt fälligen Honoraransprüchen in Betracht kommt und das auch nur dann, wenn der Rechtsanwalt unaufgefordert seinen Informationspflichten (§ 666 Hs. 1 BGB) und auf entsprechendes Verlangen des Mandanten seinen Rechenschaftspflichten (§§ 666 Hs. 2, 259 f BGB) unverzüglich nachkommt. Das ist im Streitfall – wie bereits ausgeführt – aber nicht geschehen.
3. Ohne Erfolg kommt der Beklagte auf die vom LG als nicht bestehend zurückgewiesenen vorrangigen Aufrechnungspositionen in einer Gesamthöhe von 6.220,00 EUR zurück. Das LG hat über diese Gegenforderungen rechtskraftfähig i.S.d. § 322 Abs. 2 ZPO entschieden, ohne dass diese Feststellungen wirksam angegriffen worden sind.
a) Verteidigt sich die beklagte Partei mit mehreren Gegenforderungen gegen ihre Inanspruchnahme, so hat das Gericht über alle Gegenforderungen nacheinander zu entscheiden, und zwar in der Reihenfolge, in der sie von der beklagten Partei zur Aufrechnung gestellt worden sind und so lange, wie nicht die Hauptforderung durch die bereits geprüften Gegenforderungen als erloschen zu gelten hat (vgl. BGH NJW-RR 1992, 316; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1279).
aa) Daraus folgt, dass alle vom Gericht mit negativem Ausgang geprüften Gegenforderungen als nicht bestehend i.S.d. § 322 Abs. 2 ZPO gelten, wobei sich die Rechtskraftwirkung jeder einzelnen Gegenforderung der Höhe nach auf die Höhe der Hauptforderung beschränkt (BGH a.a.O.). Nach dem Eintritt der (Teil-)Rechtskraft des Urteils kann eine solche Gegenforderung nicht mehr Gegenstand einer gerichtlichen Prüfung sein, sei...