RVG § 11 Abs. 5 S. 1; RVG VV Nrn. 1000, 1003
Leitsatz
- Auch im Kostenfestsetzungsverfahren können schwierige Rechtsfragen entschieden und tatsächliche Fragen – durch Einholung von Glaubhaftmachungsmitteln – aufgeklärt werden. Dies gilt entsprechend für das gleich gelagerte Vergütungsfestsetzungsverfahren.
- Sind die Voraussetzungen einer Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV streitig, so muss dies nicht als außergebührenrechtliche Einwendung ihrer Festsetzung im Vergütungsfestsetzungsverfahren entgegenstehen.
KG, Beschl. v. 7.10.2008–5 W 318/07
Aus den Gründen
Die noch zwischen den Parteien – nur dem Grunde nach – streitige Einigungsgebühr nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 1000, Nr. 1003 VV ist im Beschluss des LG zutreffend festgesetzt worden. Deshalb ist die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hiergegen unbegründet und der zu Unrecht dieser Beschwerde abhelfende Beschluss des LG ist aufzuheben.
1. Die von der Antragsgegnerin erhobenen Einwendungen gegen die Festsetzung einer Einigungsgebühr haben ihren Grund im Gebührenrecht. Sie stehen daher der Vergütungsfestsetzung nicht entgegen, § 11 Abs. 5 S. 1 RVG.
Soweit die Festsetzung einer Vergleichsgebühr für eine außergerichtliche Einigung nicht in Betracht kommen soll, weil sich die für ihre Entstehung maßgeblichen Tatsachen nicht den Verfahrensakten entnehmen ließen (vgl. BGH NJW 2002, 3713) und deshalb auch eine Festsetzung im Vergütungsfestsetzungsverfahren ausscheiden soll (KG JurBüro 1980, 72; OLG Frankfurt JurBüro 1987, 1799; vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., § 11 Rn 179 Fn 208), ist dies für die Festsetzung einer Einigungsgebühr nach dem RVG nicht mehr maßgeblich. Denn insoweit kann eine Einigungsgebühr schon dann festgesetzt werden, wenn ihre Voraussetzungen glaubhaft gemacht, also überwiegend wahrscheinlich i.S.d. § 294 ZPO sind (BGH NJW 2007, 2187 [= AGS 2007, 366]). Auch im Kostenfestsetzungsverfahren können schwierige Rechtsfragen entschieden und tatsächliche Fragen – durch Einholung von Glaubhaftmachungsmitteln – aufgeklärt werden (BGH, a.a.O.). Dies gilt entsprechend für das gleichgelagerte Vergütungsfestsetzungsverfahren (vgl. Müller-Rabe, a.a.O., § 11 Rn 66).
2. Die Voraussetzungen einer Einigungsgebühr nach Anm. zu Nrn. 1000, 1003 VV liegen vor.
a) Unstreitig hat der Antragsteller bei Vertragsverhandlungen mitgewirkt. Schon zu diesem Zeitpunkt war eine Einbeziehung des vorliegenden Rechtsstreits der Antragsgegnerin in den Vergleich und eine Beendigung des Rechtsstreits durch Klagerücknahme (ohne Kostenantrag der Beklagten) vorgesehen. Dieser Entwurf ist unstreitig Grundlage des späteren Vergleichsabschlusses zwischen der D.-Bank AG und Dr. K. geworden.
b) Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits sind diesem Vergleich beigetreten.
aa) Ein Vergleich kann auch stillschweigend geschlossen werden und er ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist (BGH NJW 2007, 2187).
bb) Die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits hat – entsprechend den Vorgaben des Vergleichs – die Klage zurückgenommen und die Antragsgegnerin (Beklagte) hat – ebenso entsprechend den Vorgaben des Vergleichs – keinen Kostenantrag gestellt. Dieses Verhalten belegt auch nach außen hin, dass die im Vergleich für den vorliegenden Rechtsstreit getroffene Vereinbarung ebenso zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits gelten soll. Eine Formbedürftigkeit ist nicht vorgetragen oder sonst erkennbar.
Die Annahme eines solchen Beitritts der Prozessparteien zum Vergleich der D.-Bank AG mit Dr. K. ist auch interessengerecht. Denn die D.-Bank AG hatte die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Forderung von der Klägerin erworben und bereits im Rechtsstreit ihre Absicht bekundet, als Klägerin in das Prozessverhältnis einzutreten. Die (abtretende) Klägerin war nur noch formal Prozesspartei.
Das Interesse der Beklagten daran, in den Vergleich eingebunden zu werden, folgt schon daraus, dass die gegen sie erhobenen Forderungen nach Klägervortrag ihre „Wurzel“ in den Verpflichtungen des Dr. K. haben sollten. Die Antragsgegnerin (Beklagte) gesteht dies sogar ausdrücklich zu, wenn sie von einer Weisungsabhängigkeit ihrer Geschäftsführerin (Ehefrau des Dr. K.) von Dr. K. und einer Übertragung des Vermögens des Dr. K. auf die Antragsgegnerin ausgeht.
Dass die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits die vergleichsweise Einigung letztlich auf Grund von entsprechenden Anweisungen (der D. Bank AG an die Klägerin und des Dr. K. an die Antragsgegnerin) vollzogen haben, steht der Annahme eines rechtsgeschäftlichen Beitritts zum Vergleich nicht entgegen. Derartige bloße Motive sind für die Wirksamkeit von Willenserklärungen grundsätzlich unerheblich.
c) Unter diesen Umständen kann auch – losgelöst von einem Beitritt der Prozessparteien zum Vergleich (der D.-Bank AG und Dr. K. – eine konkludente Einigung (vgl. oben b), bb)) unmittelbar zwischen den Prozessparteien angenommen werden. Davon ist im Übrigen zwanglos auch die Antragsgegnerin selbst (vertreten durch ihren neuen Prozessbevollmä...