Der Prozessbevollmächtigte der Kläger ist gegenüber der Staatskasse so zu stellen, als hätte er die vier vorliegenden Klagen im Wege subjektiver Klagenhäufung in einem Verfahren anhängig gemacht. In diesem Falle wären aus einem Gesamtstreitwert in Höhe von 34.454,00 EUR folgende Gebühren und Auslagen angefallen:
1,3-Verfahrensgebühr |
508,30 EUR |
1,2-Termingebühr |
46,20 EUR |
Auslagenpauschale |
20,00 EUR |
19 % Mehrwertsteuer |
159,52 EUR |
Dies ergibt sich aus folgenden Rechtsgrundsätzen: Die Staatskasse ist nicht verpflichtet, zu Lasten des Steuerzahlers Kosten zu tragen, die bei Beachtung der Grundsätze wirtschaftlicher Prozessführung nicht entstanden wären (vgl. LAG München, Beschl. v. 14.2.2007–10 Ta 124105; 2.2.2007–10, Ta 117/05; 20.7.2006–10 Ta 170/05; 5.1.2006–10 Ta 293/04; 7.10.2005–10 Ta 454/03; 25.1.2005–10 Ta 136/03), Gebühren, die erst dadurch entstehen, dass Streitgegenstände in gesonderten Klagen geltend gemacht werden, sind daher nicht zu erstatten, wenn dies nicht dem Zweck entsprechender Rechtsverfolgung entsprach.
Dies folgt daraus, dass mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch nicht darüber entschieden ist, in welcher Höhe dem beigeordneten Rechtsanwalt Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen. Erst im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 55 Abs. 1 RVG wird darüber entschieden, welche Ansprüche in welcher Höhe die Staatskasse treffen. Die Rechtslage ist ebenso wie bei der Kostenfestsetzung aufgrund einer Kostenentscheidung im Urteil. Dort werden der unterliegenden Partei die Kosten ohne Einschränkung auferlegt, gleichwohl ist im Rahmen der Kostenfestsetzung zu prüfen, welche Kosten erstattungsfähig sind. Die Folgen der Prozesskostenhilfebewilligung ergeben sich aus § 122 ZPO i.V.m. §§ 45 ff. RVG. Die Vorschriften gelten nicht isoliert, sondern sind eingebettet in die Grundsätze des Kostenrechts im Zivilprozess. Zu diesen Prinzipien gehört auch der tragende Grundsatz der Verfahrensverbilligung. Offenkundig überflüssigerweise gesetzte Gebührentatbestände führen nicht zu einem Anspruch des Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse.
Dass Voraussetzung der Gewährung von Prozesskostenhilfe fehlender Mutwille ist, ändert hieran nichts. Im Rahmen § 114 ZPO ist nur zu prüfen, ob eine andere Form der Rechtsverfolgung als die Klageerhebung in Betracht kommt: Die Frage getrennter Klageerhebung oder subjektiver Klagehäufung stellt sich hier nicht.
Dem Prozessbevollmächtigten der Kläger ist einzuräumen, dass die informationelle Selbstbestimmung beziehungsweise die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht sowie die Gesichtspunkte der Übersichtlichkeit und der Beschleunigung des Verfahrens bei Beantwortung der Frage ob eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung vorliegt, zu berücksichtigen sind. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger postuliert jedoch zu Unrecht, dass die gebotene Verschwiegenheit einer subjektiven Klagehäufung stets im Wege sei. So steht ihm die Möglichkeit offen, zunächst ohne die Preisgabe von Namen oder sonstiger personenbezogener Daten auf die kostensparende Möglichkeit einer gemeinsamen Klageerhebung mit Kollegen hinzuweisen und für diese zu werben. Soweit Einverständnis erteilt wird, ist diese kostensparende Möglichkeit zu wählen. Dass die Erteilung entsprechender Einverständniserklärungen nicht oder nur selten in Betracht zu ziehen sei, widerspricht der Lebenserfahrung. Vielmehr zeigt sich in der mündlichen Verhandlung regelmäßig, dass Kollegen bei der Rechtsverfolgung gegen dieselbe beklagte Partei vom jeweiligen Inhalt ihrer Klagen wissen und sich überdies über ihr jeweiliges Vorgehen miteinander beraten. Eine Weigerung wird vielmehr nur selten zu erwarten sein. Dass die Kläger der vorliegenden Verfahren sich einer Klagehäufung widersetzt hätten, ist nicht zu erkennen.
Die gebotene Berücksichtigung der Übersichtlichkeit und der Beschleunigung des Verfahrens führt hier dazu, dass – entgegen der Auffassung der Bezirksrevisorin – der Prozessbevollmächtigte der Kläger nicht gehalten war, sämtliche 23 Verfahren in einer Klage zusammenzufassen. Unter dem Gesichtspunkt der Beschleunigung ist zu beachten, dass die Klagen an mehreren Tagen verfasst wurden, was darauf schließen lässt, dass die Kläger ihren Prozessbevollmächtigten auch an verschiedenen Tagen aufgesucht haben. Der Prozessbevollmächtigte war aber nicht gehalten, am 2.8.2006 noch mehr als eine Woche abzuwarten, ob sich weitere Mandanten mit dem Ersuchen, sie gegen die Beklagte zu vertreten, melden würden. Auf eine subjektive Klageerweiterung kann angesichts der knappen Zeit zwischen Klageeingang und Güteverhandlung wegen der Gefahr, dass eine Terminsverlegung nötig wird, nicht verwiesen werden. Im Übrigen wäre eine Zusammenfassung von 23 Klageparteien auch hinsicht1ich des Gesamtumfangs des Verfahrens unzweckmäßig gewesen.
Es ist jedoch nicht ersichtlich, was einer Zusammenfassung der vorliegenden vier Klagen, die vom selben Tage datieren, entgegengestanden hätte.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Dr. jur. Bernhard Brychcy, München