Es wird ein der Klage stattgebendes Urteil verkündet mit Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten. Der Kläger beantragt, seine Kosten festzusetzen. Der Rechtspfleger teilt ihm mit, über den Antrag könne nicht entschieden werden, weil der Beklagte Berufung eingelegt habe und sich die Akten beim Berufungsgericht befinden. Dieses sei nicht bereit, die Akten auch nur kurzfristig zu überlassen, weil sie dort unentbehrlich seien.

Hätte es damit sein Bewenden, dann könnte der Kostenfestsetzungsantrag auf unbestimmte Zeit nicht bearbeitet und beschieden werden. Trotz der Verzinsung des Erstattungsanspruchs (§ 104 Abs. 1 S. 2 ZPO) bliebe der Kläger wirtschaftlich "Kreditgeber" des Beklagten und trüge auch noch dessen Insolvenzrisiko. Wie kann der Kläger dem begegnen?

Ungeschriebener Grundsatz des Prozessrechts ist, dass über Anträge zu entscheiden ist, sobald Entscheidungsreife eingetreten ist. Im Ausgangsfall steht der Entscheidung entgegen, dass dem Rechtspfleger die Prozessakten fehlen. Ursächlich dafür ist die Weigerung des Berufungsgerichts, ihm die Akten auch nur kurzfristig zu überlassen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers könnte sich unmittelbar an das Berufungsgericht wenden und beantragen, die Akten dem Rechtspfleger zur Kostenfestsetzung zu überlassen. Würde das abgelehnt, käme eine Dienstaufsichtsbeschwerde in Betracht. Der Dienstvorgesetzte ist allerdings nicht befugt, einem Gericht konkrete Anweisungen zur Aktenbearbeitung zu geben. Indessen würde der Vorsitzende des Berufungsgerichts vermutlich einer Anregung des Dienstvorgesetzten nachkommen.

Eine Untätigkeitsbeschwerde wegen Nichtbescheidung des Festsetzungsantrages hätte keine Aussicht auf Erfolg, da nicht der Rechtspfleger untätig ist, sondern das Berufungsgericht.

Es käme nur die Androhung und gegebenenfalls die Erhebung einer Amtshaftungsklage nach § 839 Abs. 2 S. 2 BGB in Betracht; Begründung: Die Weigerung des Berufungsgerichts, die Prozessakten kurzfristig dem Rechtspfleger zu überlassen, ist pflichtwidrig und hat zur Folge, dass die Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag unzumutbar verzögert wird. In diesem Fall muss wegen § 839 Abs. 3 BGB vorab eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt werden, weil die Rspr. diese als "Rechtsmittel" behandelt.[1]

[1] BGHZ 38, 106.

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