GKG §§ 63 Abs. 3, 68 Abs. 1; ZPO §§ 4 Abs. 1, 767
Leitsatz
- Eine Streitwertfestsetzung des LG als Berufungsgericht ist mit der Beschwerde zum OLG anfechtbar, obgleich der Rechtszug in der Hauptsache zum BGH führt.
- Bei einer Beschwerde gegen den Beschluss über den Streitwert des Berufungsverfahrens kann das Beschwerdegericht zugleich den den Streitwert der ersten Instanz von Amts wegen ändernden Beschluss des Berufungsgerichts überprüfen und von Amts wegen ändern.
- Der Wert des mit der Vollstreckungsabwehrklage neben dem Urteil zugleich angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses ist bei der Höhe des Streitwerts als Nebenforderung nicht zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 1 ZPO).
OLG Celle, Beschl. v. 23.7.2009–6 W 106/09
Aus den Gründen
I. Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig.
Der Senat schließt sich der überwiegenden Rspr. und Literaturmeinung an, dass eine Streitwertfestsetzung des LG als Berufungsgericht mit der Beschwerde zum OLG anfechtbar ist, obgleich der Rechtszug in der Hauptsache zum BGH führt, und das auch nur bei Zulassung der Revision (so auch: OLG Koblenz MDR 2008, 405 [= AGS 2008, 302]; OLG Celle (3. Zs.), 17.11.2005–3 W 142/05; OLG Celle (2. Zs.) OLGR 2007, 198; OLG Zweibrücken (4. Zs.), 10.4.2007–4 W 25/07; OLG Düsseldorf OLGR 2007, 127; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, § 66 Rn 89; Meyer, GKG, § 68 Rn 1; nunmehr auch: Hartmann, GKG, § 66 GKG Rn 42; a.A.: OLG Celle (11. Zs.) OLGR, 2006, 191 [= AGS 2006, 245]). Aus der amtlichen Begründung zu § 66 GKG – auf den § 68 Abs. 1 S. 5 GKG verweist – ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Zuständigkeit für die Beschwerde nicht an den Instanzenzug in der Hauptsache binden wollte. Vielmehr sollte für die Beschwerde das allgemein dem erkennenden Gericht übergeordnete Gericht – hier das OLG – zuständig sein, unabhängig vom Rechtsmittelzug in der Hauptsache (BT-Drucks 15/1971, S. 158).
Es kann dahin gestellt bleiben, ob eine selbstständige Beschwerde gegen den ebenfalls im Urteil enthaltenen Änderungsbeschluss zulässig ist. Jedenfalls unterliegt der vom Oberlandesgericht als Rechtsmittelgericht vorzunehmenden Überprüfung nicht nur der mit der Beschwerde angegriffene Beschluss des LG über den Streitwert des Berufungsverfahrens, sondern auch der den Streitwert erster Instanz von Amts wegen ändernde Beschluss des LG. Dies ergibt sich aus § 63 Abs. 3 S. 1 GKG. Danach kann das Rechtsmittelgericht die Streitwertfestsetzung von Amts wegen ändern, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder über den Streitwert sich in der Rechtsmittelinstanz befindet. Diese Änderungsbefugnis umfasst alle Streitwertentscheidungen der vorausgegangenen Instanzen, also sowohl der ersten Instanz als auch des Berufungsgerichts (vgl. BGH VersR 1989, 817 zitiert nach juris: Rn 3), gleichgültig ob es sich dabei um eine Streitwertfestsetzung für die jeweilige Instanz oder um einen die Festsetzung der ersten Instanz auf Beschwerde oder von Amts wegen ändernden Beschluss des Berufungsgerichts handelt. § 63 Abs. 3 GKG enthält keine Beschränkung dahin, dass das mit der Hauptsache oder dem Streitwert befasste Rechtsmittelgericht eine den Streitwert von Amts wegen ändernde Entscheidung der unteren Instanz nicht ändern dürfte. Die Änderungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts kann nicht davon abhängig sein, ob das Berufungsgericht den Streitwertbeschluss der ersten Instanz von Amts wegen geändert hat oder nicht. Nur durch eine umfassende Überprüfungs- und Änderungsmöglichkeit des Rechtsmittelgerichts kann erreicht werden, dass – bei gleich bleibendem Streitgegenstand – ein gleich hoher Streitwert für alle Instanzen festgesetzt werden kann.
II. Die Beschwerde ist begründet.
Der Streitwert für die von der Klägerin erhobene Vollstreckungsabwehrklage beträgt 3.650,00 EUR. Er entspricht dem Betrag, zu dessen Zahlung die Klägerin durch die von ihr angegriffenen Urteile (erster und zweiter Instanz) verurteilt worden war. Die aufgrund dieser Urteile festgesetzten Kosten in Höhe von 3.203,04 EUR sind gem. § 4 Abs. 1 ZPO als Nebenforderung nicht hinzuzurechnen (vgl. Zöller/Herget, § 3 Rn 16 "Vollstreckungsabwehrklage" und § 4 Rn 12 [bei Klage zu § 826 BGB]; Stein/Jonas/Pohle, ZPO, § 4 Rn 25; Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 3 Anhang Stichwort "Vollstreckungsabwehrklage" Rn 133; BGH NJW 1968, 1275 zitiert nach juris Rn 1; BGH WM 1956, 144; OLG Karlsruhe MDR 1991, 353; MüKo/Wöstmann, ZPO, § 3 Rn 130 und § 4 Rn 24). Es kommt insoweit nicht darauf an, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss ein eigenständiger Vollstreckungstitel ist und die Vollstreckungsabwehrklage auch separat gegen diesen hätte erhoben werden können. Soweit die Vollstreckungsabwehrklage zugleich gegen den Hauptsachetitel und den Kostenfestsetzungsbeschluss erhoben wird, handelt es sich bei Letzterem um eine dem Streitwert nicht hinzuzurechnende Nebenforderung, nämlich die Kosten des Vorprozesses.