RVG VV Nr. 3104

Leitsatz

Werden in einem Gerichtsverfahren Gespräche auch über die Einigung von in einem anderen Verfahren anhängigen Gegenständen geführt, so fällt eine Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV nur in dem Verfahren an, in dem die Gespräche geführt werden, und nicht auch in dem Verfahren, dessen Gegenstand miteinbezogen werden soll.

OLG München, Beschl. v. 9.6.2008–11 W 1488/08

Sachverhalt

Der Beklagte wendet sich dagegen, dass eine Terminsgebühr nicht festgesetzt wurde.

In einem Parallelverfahren bei dem LG Würzburg hatten die Parteien einen Vergleich geschossen, mit dem auch das Verfahren bei dem LG München I beendet wurde. Es wurde dort auch eine Kostenvereinbarung für das Münchner Verfahren getroffen. Vor dem LG München I hatte keine mündliche Verhandlung stattgefunden.

In dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss geht das LG München I davon aus, dass in dem bei ihm rechtshängigen Verfahren keine Terminsgebühr angefallen ist. Dagegen wendet sich der Beklagte. Er meint, die Verhandlung beim LG Würzburg auch über den Gegenstand des Verfahrens beim LG München I löse im Verfahren beim LG München I eine Terminsgebühr aus.

Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Anmerkung

1. a) Wird in einem gerichtlichen Verfahren ein Gegenstand, über den ein anderes Verfahren anhängig ist, mit dem Ziel einer Einigung mitbesprochen, so erhöht sich in dem Verfahren, in dem die Einigungsgespräche stattfinden, die Terminsgebühr um den Wert des Gegenstandes des anderen Verfahrens. Es fällt auch in dem anderen Verfahren keine Terminsgebühr an (vgl. OLG Frankfurt AGS 2008, 224 m. zust. Anm. von N. Schneider; OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 940; Hansens RVGreport 2007, 106; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 3104 Rn 78; a.A. OLG Rostock JurBüro 2007, 137).

b)  Das ergibt sich aus Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV. Dort wird zwar unmittelbar nur eine Anrechnung bestimmt. Zugleich kommt in dieser Bestimmung aber auch zum Ausdruck, dass sich die Terminsgebühr in dem Verfahren mit der Einigungsbemühung um den Gegenstandswert des anderen Verfahrens erhöht. Die Bestimmung stellt auf den Betrag ab, um den sich die Terminsgebühr durch die Einbeziehung erhöht. Darüber hinaus setzt eine Anrechnung einer Terminsgebühr in dem anderen Verfahren voraus, dass in dem Einbeziehungsverfahren eine Terminsgebühr hinsichtlich des einbezogenen Gegenstandes entsteht, da es sonst nichts zum Anrechnen gibt.

c)  Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV ist nicht dahingehend zu verstehen, dass gleichzeitig in dem anderen, also dem einzubeziehenden Verfahren eine Terminsgebühr entsteht. Wie die Motive darlegen, soll mit dieser Regelung "erreicht werden, dass die Terminsgebühr nicht doppelt verdient wird" (BT-Drucks 15/1971 S. 212). Im Übrigen gäbe es keinen Sinn, in beiden Verfahren erst eine Terminsgebühr anfallen zu lassen und dann gleich wieder die Terminsgebühr im Einbeziehungsverfahren durch Anrechnung ihre Bedeutung verlieren zu lassen. Wenn man auch im einbezogenen Verfahren eine Terminsgebühr hätte entstehen lassen wollen, so hätte man gleich auf eine Entstehung einer Terminsgebühr zum gleichen Gegenstand im Einbeziehungsverfahren verzichtet.

Der Sinn von Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV ist vielmehr, dass durch die Einigungsbemühungen nur in dem Verfahren, in dem sie stattfinden, eine, wenn auch erhöhte, Terminsgebühr anfällt. Entsteht in dem einbezogenen Verfahren aus anderen Gründen als dem Einigungsgespräch eine Terminsgebühr, z.B. weil dort eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, so soll sich diese Terminsgebühr durch Anrechnung reduzieren.

d)  Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV im Verhältnis zur Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Alt. VV die speziellere Vorschrift ist, was das OLG Rostock nicht erkannt hat. Dieses Gericht setzt sich nicht mit den eindeutigen Gesetzesmotiven auseinander und kann auch nicht erklären, warum das Gesetz einen, wie oben dargelegt, völlig sinnlosen Weg beschreiten sollte. Der Zulassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es daher und im Hinblick auf die Eindeutigkeit der Rechtslage nicht.

2.  Unerheblich ist, ob das LG Würzburg nach den gleichen Grundsätzen abgerechnet hat. Im Kostenfestsetzungsverfahren hinsichtlich der Klage beim LG München I ist ausschließlich darauf abzustellen, welche Kosten in diesem Verfahren angefallen sind. Sollte das LG Würzburg falsch festgesetzt haben, so hätte der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Würzburg angegriffen werden müssen.

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