Die Rechtspflegerin hat es zu Recht abgelehnt, bei der Festsetzung der von den Beklagten zu erstattenden Kosten die Geschäftsgebühr hälftig auf die Verfahrensgebühr des streitigen Verfahrens anzurechnen.

1. Maßgebend ist § 15a RVG. Diese Regelung ist zwar erst in Kraft getreten, nachdem die Klägerin ihren Bevollmächtigten bereits beauftragt hatte, nämlich am 5.8.2009. Doch stellt § 15a RVG eine bloße Klarstellung der schon zuvor bestehenden Rechtslage dar und findet deshalb auch Anwendung, wenn die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- beziehungsweise Verfahrensbevollmächtigten vor dem 5.8.2009 erfolgt war (vgl. BGH, Beschl. v. 3.2.2010 – XII ZB 177/09, JurBüro 2010, 420 [= AGS 2010, 106]; Beschl. v. 17.6.2010 – V ZB 176/09, AGS 2010, 459 f., jeweils m.w.Nachw.).

2. Die Vorschrift des § 15a RVG behandelt in ihrem Abs. 1 lediglich das Innenverhältnis des Rechtsanwalts zu seinem Auftraggeber. Prinzipiell wirkt sich daher die Anrechnung gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV  im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht aus.

Diesen Grundsatz schränkt § 15a Abs. 2 RVG unter bestimmten – abschließend beschriebenen – Voraussetzungen ein, um im Außenverhältnis sicherzustellen, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz und Erstattung in Anspruch genommen werden kann, den der Anwalt von seinem Mandanten verlangen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 2.9.2009 – II ZB 35/07, NJW 2009, 3101 [= AGS 2009, 466] m.w.Nachw.). Vorgesehen ist eine Anrechnung nur, soweit der Dritte den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen einer dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

3. Die vorliegende Konstellation unterfällt keiner dieser drei Fallgruppen:

a) Dass die Beklagten die im Streit befindliche Geschäftsgebühr gezahlt haben, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ebenso wenig lässt sich der zwischen den Parteien zustande gekommene Vergleich als Erfüllung qualifizieren. Zwar hat das OLG Stuttgart es für möglich gehalten, einen Vergleich "zumindest als Annahme an Erfüllung statt (§ 364 Abs. 1 BGB) einzuordnen mit der Folge, dass § 15a Abs. 2 RVG eingreift (vgl. Beschl. v. 16.7.2010 – 8 W 317/10, AnwBl 2010, 723). Doch ging es dabei um eine Vereinbarung, in der es heißt, die "außergerichtlichen Geschäftsgebühren seien von dem […] Vergleich umfasst und abgegolten.""

Ob dieser Wortlaut, auf den das OLG Stuttgart sich ausdrücklich gestützt hat, tatsächlich die Annahme einer Erfüllung i.S.d. § 15a Abs. 2 RVG rechtfertigt (ablehnend OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2010 – 2 W 266/10), kann hier dahingestellt bleiben. In dem vorliegenden Rechtsstreit ist die fragliche Geschäftsgebühr weder in der Klageschrift noch in dem geschlossenen Vergleich explizit angesprochen. Jedenfalls unter diesen Umständen lässt sich eine Erfüllung nicht bejahen. Wie auch das OLG Stuttgart konzediert, kann derart allgemein gehaltenen Erledigungsklauseln schon nicht entnommen werden, ob von einer Erfüllung des Anspruchs oder von einem Verzicht auf ihn auszugehen ist.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann in dem Vergleich auch keine Titulierung der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr erblickt werden.

aa) Zutreffender Ansicht nach bildet ein Prozessvergleich selbst dann keinen auf die Geschäftsgebühr bezogenen Vollstreckungstitel, wenn diese Gebühr ausdrücklich zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht worden ist, es sei denn, der Vergleich verhält sich unmissverständlich dazu, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr mit abgegolten werden soll (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2010 – 2 W 266/10; OLG München, Beschl. v. 13.10.2009 – 11 W 2244/09, JurBüro 2010, 23; OLG Naumburg, Beschl. v. 18.2.2010 – 2 W 5/10, JurBüro 2010, 298; a.A. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.1.2010 – 9 W 338/09, JurBüro 2010, 194 [= AGS 2010, 60], mit Blick auf eine Gestaltung, in der mit der Klage ausdrücklich auch die Geschäftsgebühr als Nebenforderung geltend gemacht worden war).

bb) In dem vorliegenden Fall ist – wie gesagt – noch nicht einmal eindeutig erkennbar, dass die Klage und der Vergleich sich überhaupt auf die Geschäftsgebühr beziehen. Erst recht ist dem Vergleich nicht zu entnehmen, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr mit abgegolten werden soll.

Schon die Formulierung des § 15a Abs. 2 RVG ("soweit […] wegen einer dieser Ansprüche ein Vollstreckungstitel besteht") zeigt aber, dass der Titel die Geschäftsgebühr als eigenen bezifferten Gegenstand ausweisen muss. Nur dann kann konkret festgestellt werden, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr auf die entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen ist (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2010 – 2 W 66/10).

c) Schließlich scheidet auch die dritte Variante des § 15a Abs. 2 RVG aus. Wie die Rechtspflegerin zutreffend ausgeführt hat, werden die Geschäftsgebühr und die Verfahrensgebühr, auf die die Beschwerde sich bezieht, nicht (mehr) in demselben Verfahren geltend gemacht. Ob die Gesch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge