RVG. Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Hartung, Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons und Bürovorsteher Horst-Reiner Enders, Verlag C. H. Beck, München. 1. Aufl. 2011. IIXXX, 1302 S. 78,00 EUR.
In seiner bewährten "orangen Reihe", zu der bereits Klassiker gehören wie der "Thomas/Putzo" zur ZPO oder die Standardwerke zum VwVfG und der VWGO von Kopp, die den meisten schon aus Studentenzeiten vertraut sind, erscheint nunmehr erstmals auch ein Handkommentar zum RVG. Der Verlag hat sich hier mit den im Gebührenrecht allseits bekannten Größen Hartung, Schons und Enders drei hervorragende Autoren gesichert, sämtlich ausgewiesene Fachleute.
Mit dem Werk soll eine Lücke zwischen Lehrbuch und Großkommentar geschlossen werden. Insbesondere soll hier anstelle endloser Zitatenketten mit zum Teil alten BRAGO-Zitaten auch einer "pointierten und teilweise auch provokanten Betrachtung" der Vorzug gegeben werden. Die Diskussion über Schwachstellen des Gesetzes und der hierzu ergangenen Rechtsprechung soll angeregt werden.
Wie nicht anders zu erwarten, hat Schons es sich nicht nehmen lassen, die Kommentierung zur Vergütungsvereinbarung (§§ 3a ff. RVG) zu übernehmen, die sehr ausführlich ausgefallen und mit zahlreichen praktischen Hinweisen angereichert ist. Die Bedeutung dieser Vorschriften wird in der Praxis immer noch verkannt. Allzu oft ist festzustellen, dass viele Anwälte leichtfertig mit dem Gesetz umgehen – wenn sie es überhaupt gelesen haben. Insoweit darf für den untauglichen Versuch eines Erfolghonorars auf die in diesem Heft abgedruckte Entscheidung des LG Berlin (S. 10) Bezug genommen werden.
Hier wird insbesondere auch auf berufsrechtliche Fragen eingegangen. Die Darstellung ist sehr detailliert und kritisch. Auch das OLG Düsseldorf, das bekanntermaßen Vergütungsvereinbarungen schon aus sich heraus für bedenklich hält, bekommt hier sein Fett weg.
Die Kommentierung der Strafsachen hat Hartung übernommen. Hier finden sich interessante Ansätze insbesondere zur analogen Anwendung der zusätzlichen Gebühr nach Nr. 4141 VV. So weist Hartung auch zu Recht darauf hin, dass die zusätzliche Gebühr in verschiedenen Verfahrensabschnitten mehrfach entstehen kann. Ebenso weist er zu Recht darauf hin, dass auch nach einer Aussetzung der Hauptverhandlung die zusätzliche Gebühr erneut entstehen kann, weil dadurch dem Gericht die Arbeit und der Aufwand der Vorbereitung eines erneuten Hauptverhandlungstermins entbehrlich gemacht wird; ein Aspekt, der leider von den Rechtsschutzversicherern immer wieder in Abrede gestellt und von den Gerichten verkannt wird (zuletzt AG München, Urt. v. 9.9.2010 – 155 C 5938/10 – AGS 2010, 599).
Zu Recht weist Schons in Nr. 2503 VV Rn 15 darauf hin, dass in sozialgerichtlichen Verfahren eine Anrechnung der Geschäftsgebühr in verfassungskonformer Auslegung zu unterbleiben hat. Das BVerfG wird ihm demnächst Recht geben (siehe Editorial).
Neben diesen einzelnen Beispielen lassen sich noch weitere Belege dafür anführen, dass die Autoren die gesetzlichen Regelungen kritisch betrachten und auf Unklarheiten hinweisen.
Ungeachtet des Kleinformats der orangen Reihe ist das Werk mit 1.302 Seiten umfangreich ausgefallen und lässt keine Frage offen. Das Werk ist sehr gut verständlich und klar strukturiert. Die Kommentierung wird zudem durch zahlreiche Beispielsfälle und Praxistipps aufgelockert.
Verlag und Autoren haben ein rundherum gelungenes Werk abgeliefert, das uneingeschränkt empfohlen werden kann.