Von Kennedy stammt der schöne Satz:
"Too often we enjoy the comfort of opinion without the discomfort of thought."
An diesen Satz muss man denken, wenn man zur Kenntnis nimmt, mit welcher Hartnäckigkeit sich manche Rechtsanwälte über klare aktuelle Gesetzestexte hinwegsetzen, weil sie diese für antiquiert und damit offensichtlich für sie nicht mehr gültig halten.
Die Entscheidung des Anwaltsgerichts kann nun wirklich nicht als Überraschung bezeichnet werden. § 49b BRAO verbot bis zum Jahre 2008 ohne Wenn und Aber die Vereinbarung eines Erfolgshonorars, mit der einzigen Ausnahme, dass es Rechtsanwälten gestattet war nach Beendigung des Mandates sich ein Erfolgshonorar versprechen und bezahlen zu lassen. Vor und während der Mandatsübernahme waren Erfolgshonorare schlichtweg verboten.
Und ob dies dem betroffenen Rechtsanwalt nun gefällt oder nicht: Nach der Entscheidung des BVerfG entschied sich der zum Handeln insoweit gezwungene Gesetzgeber; es beim grundsätzlichen Erfolgshonorarverbot zu belassen, allerdings mit Erlaubnisvorbehalt. Die Voraussetzungen für eine Erlaubnis sind mit erfrischender Deutlichkeit in § 4a RVG nachzulesen und hierzu gehört es u.a., dass der konkrete Mandant ohne die Vereinbarung des Erfolgshonorars bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtung von der Führung des Prozesses absehen müsste. Genau diese Voraussetzungen lagen nicht vor, als das Mandat übernommen wurde und weder der Mandant noch der Rechtsanwalt hatten eine entsprechende anderslautende Vorstellung. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass der Rechtsanwalt bei Mandatsannahme ein Erfolgshonorar nicht in die Diskussion einbrachte und umgekehrt die Mandantin völlig problemlos Gerichtskosten und Sachverständigenkosten in nicht ganz unerheblicher Größenordnung zur Verfügung stellen konnte und unstreitig zur Verfügung stellte.
Nun wäre es – wie oben bereits ausgeführt – dem Rechtsanwalt ohne Weiteres möglich gewesen, nach erfolgreicher Beendigung des Mandates ein zusätzliches Erfolgshonorar zu vereinbaren. Dies ist hier aber gerade nicht geschehen. Vielmehr hat der Rechtsanwalt, nachdem er sich die Mandatserteilung gesichert hatte und offensichtlich gute Erfolgsaussichten für sich und seine Mandantin sah, während der laufenden Mandatsbearbeitung die Erfolgshonorarvereinbarung abgeschlossen. Dies war und ist nun einmal eindeutig – angesichts der bestehenden Rechtslage – verboten.
Hieran ändert sich auch nichts an der behaupteten Bereitschaft der Mandantschaft, das unwirksame Erfolgshonorar zu zahlen. Eine zuvor getroffene unwirksame Vereinbarung kann im Nachhinein nicht geheilt werden, es sei denn dem Mandanten ist bewusst, dass die erste Vereinbarung unwirksam war und er nunmehr eine völlig unabhängige Regelung herbeiführen will. Allenfalls wäre es möglich gewesen, mit der Mandantin nach Beendigung des Mandates eine nunmehr, aber erst nunmehr zulässige Vereinbarung zu treffen, in der die Mandantin ohne Druck und als Dank für die erfolgreiche Müheverwaltung eine die gesetzlichen Gebühren übersteigende Vergütung verspricht.
Warum der Rechtsanwalt von dieser ihm sicherlich bekannten Möglichkeit keinen Gebrauch machte, sondern ganz bewusst den Bescheid der Rechtsanwaltskammer vom 21.7.2015 ignorierte und am 23.7.2015 die infragestehende Vergütungsvereinbarung trotzdem abschloss, darüber kann man nur spekulieren. Möglicherweise wollte er sein "Glück" herausfordern, möglicherweise wollte er aber auch die Gerichtsentscheidung provozieren, um diese – ungerechtfertigterweise – als überholt und antiquiert kritisieren zu können. Nutzen konnte ihm dies freilich nichts, da das angerufene Gericht hier im wahrsten Sinne des Wortes Recht und zwar eindeutig geltendes Recht gesprochen hat.
Herbert P. Schons
AGS 1/2019, S. 50 - 52