BRAO § 49b Abs. 2; RVG § 4a
Leitsatz
Es ist unzulässig, nach Annahme des Mandats im Nachhinein eine erfolgsabhängige Vergütungsvereinbarung zu treffen.
AnwG Köln, Urt. v. 9.10.2018 – 2 AnwG 21/15 – 10 EV 115/15, 2 AnwG 60/17 – 10 EV 349/15; 2 AnwG 20/17 – 10 EV 365/16
1 Sachverhalt
Im Januar 2017 hat Rechtsanwalt … als Prozessbevollmächtigter für die Mandantin … beim LG eine Klage gegen die … GmbH auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz eingereicht. Die Zeugin hatte den vom LG angeforderten Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 1.218,00 EUR bezahlt, ebenso einen vom Gericht angeforderten Vorschuss für die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens i.H.v. 2.500,00 EUR. Mit Schreiben v. 29.3.2015 hat der Rechtsanwalt seiner Mandantin den Abschluss einer erfolgsabhängigen Vergütungsvereinbarung vorgeschlagen. Nach weiterer Korrespondenz hat die Rechtsanwaltskammer mit Bescheid v. 21.7.2015 diesen Vorschlag zum Abschluss der Vergütungsvereinbarung als Verstoß gegen § 49b Abs. 2 BRAO i.V.m. § 4a RVG unter Erteilung einer Missbilligung gerügt. Die Rechtsanwaltskammer hat in diesem Bescheid darauf hingewiesen, dass die bereits für die Mandantin eingereichte Klage und die von ihr geleisteten Vorschüsse belegen, dass diese unabhängig von der Vereinbarung einer Vergütungsvereinbarung mit Erfolgshonorar Klage erheben wolle, sodass die Mandantin ohne die Vereinbarung gerade nicht von der Rechtsverfolgung abgehalten werde, Nachdem dem Rechtsanwalt … dieser Bescheid der Rechtsanwaltskammer v. 21.7.2015 zugegangen war, hat er am 23.7.2015 die in Frage stehende Vergütungsvereinbarung dennoch geschlossen. Diese Vergütungsvereinbarung hält in einem "Vorspann" zunächst den Rahmen des Mandats-Verhältnisses fest. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass keine Rechtsschutzversicherung für die Mandantin eintrete und diese auch die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe nicht erfülle. Das Prozessrisiko wird nach Beurteilung von Rechtsanwalt … als hinreichend gut bezeichnet, gleichwohl verbleibe ein Prozesskostenrisiko, zu dessen Minderung die Vergütungsvereinbarung geschlossen werde. Konkret sieht die Vereinbarung dann so aus, dass Rechtsanwalt … zunächst seinen vorschussweise bereits jetzt fälligen Honoraranspruch für die Instanz i.H.v. (im einzelnen berechneten) 3.898,73 EUR zurückstellt und im Fall vollständiger Klageabweisung hierauf auch verzichtet. Ansonsten sieht die Gebührenvereinbarung für den Fall des Obsiegens einen Anspruch von Rechtsanwalt … zusätzlich zu den gesetzlichen Gebühren vor, und zwar gestaffelt in der Form, dass bei einem durch Urteil oder Vergleich erzielten Betrag von 10.000,00 EUR ein zusätzliches Honorar von 1.000,00 EUR, bei erzielten 20.000,00 EUR ein zusätzliches Honorar von 2.000,00 EUR und bei mindestens 28.000,00 EUR ein Zusatzhonorar von 3.000,00 EUR zu zahlen sind und zwar jeweils zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Die Vergütungsvereinbarung v. 23.7.2015 lautet auszugsweise wie folgt:
" … Die Parteien schließen vor folgendem Hintergrund nachfolgende Vergütungsvereinbarung: Wir befinden uns im Verfahren … wegen Arzthaftung vor dem Landgericht Köln. Die Klage vom 28.1.2015 wurde zugestellt und ist damit rechtshängig. Die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses, die vorgerichtlich – trotz positiven Gutachtens der Gutachterkommission bei der Ärztekammer Nordrhein – die Regulierung verweigerte, hat über ihre Anwälte mit Schriftsatz vom 17.3.2015 Verteidigungsbereitschaft angezeigt Das Landgericht hat den Streitwert vorläufig auf 28.000,– EUR festgesetzt. Auf Seiten der Mandantin tritt keine Rechtsschutzversicherung ein und auch Prozesskostenhilfe wurde, da ihre wirtschaftlichen Verhältnisse die Gewährung nicht erwarten lassen, nicht beantragt. Deckungsschutz über eine Prozessfinanzierung besteht ebenfalls nicht. Der Rechtsanwalt beurteile die Erfolgsaussichten der Klage auf Basis des positiven Gutachtens der GAK Nordrhein als hinreichend gut. Das gleichwohl verbleibende Prozesskostenrisiko, insbesondere für die Gegneranwaltskanzlei und die Gerichtskosten, einschließlich der Sachverständigenkosten, kennt die Mandantin. Der Ausgang eines Gerichtsverfahrens hängt von stets verbleibenden Unwägbarkeiten ab, z.B. ob der Gerichtssachverständige der Beurteilung der GAK Nordrhein folgt. Den Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 1.218,00 EUR den Vorschuss für den medizinischen Sachverständigen i.H.v. 2.500,– EUR hat die Mandantin bereits zur Gerichtskasse eingezahlt Um ihr Kostenrisiko im Übrigen zu mindern, da ihr Einkommen und Vermögen nicht sehr hoch ist, jedoch für Prozesskostenhilfe zu hoch, vereinbaren die Parteien zu den Kosten des Rechtsanwalts im o.g. Rechtsstreit folgendes: Die gesetzlichen Anwaltskosten belaufen sich auf Basis des gerichtlich festgesetzten Streitwerts außergerichtlich und für die 1. Instanz, wenn es zum Termin und zu einem Urteil in der Sache kommen sollte, ohne Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder wie folgt: … (Endbetrag brutto 3.898,73 EUR). Hinsichtlich dieser Gebühren besteht ge...