GKG §§ 45 Abs. 1, 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1; ZPO § 9
Leitsatz
- Bildet einzig die Abwehr fortlaufend wiederkehrender Zahlungspflichten den Streitgegenstand des Verfahrens, ist für die Streitwertfestsetzung der dreieinhalbfache Jahresbetrag der monatlichen Ratenzahlungen anzusetzen, soweit nicht der Gesamtbetrag der verbleibenden Raten der geringere ist.
- Raum für eine Bemessung des Streitwerts anhand der Summe aller bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen bleibt lediglich in Fällen, in denen der auf das Entfallen künftiger Zins- und Tilgungszahlungen gerichtete negative Feststellungsantrag als Hilfsantrag oder weiterer Hauptantrag verfolgt wird.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.7.2018 – 19 U 49/18
1 Sachverhalt
Mit ihrer erstinstanzlich auch auf Feststellung eines Restsaldos von nicht mehr als 185.450,88 EUR gerichteten Klage verfolgen die dort unterlegenen Kläger in zweiter Instanz nur noch die Abwehr weiterer Ratenzahlungen i.H.v. monatlich 237,20 EUR bzw. 607,33 EUR aus zwei im Oktober 2012 bzw. im Juli 2014 abgeschlossenen Darlehensverträgen über 17.000,00 EUR bzw. 200.000,00 EUR nach Widerruf im April 2016.
1. Ihre Berufung haben die Kläger im Nachgang zum Hinweisbeschluss des Senats zurückgenommen, woraufhin sie gem. § 516 Abs. 3 ZPO unter entsprechender Kostenfolge ihres Rechtsmittels für verlustig zu erklären waren.
2 Aus den Gründen
2. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren war gem. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 S. 1 und 2 ZPO auf 30.249,25 EUR festzusetzen.
a) Maßgeblich hierbei war, dass sich die Klage mit ihrem negativen Feststellungsantrag ausschließlich gegen die Pflicht zu fortlaufenden vertragsgemäßen Ratenzahlungen wendet und die Beklagte sich anderer als vertragsgemäßer Zahlungsansprüche aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB einschließlich der hierfür vereinbarten – auf dem Betrag nach identische monatliche Zahlungen gerichteten – Fälligkeitsabrede nicht berühmt. Dieses Begehren lässt sich mit einer Klage auf Leistung aus § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. i.V.m. §§ 346 ff. BGB nicht abbilden, stellt somit einen eigenständigen Streitgegenstand dar und ist daher grds. auch unter Streitwertgesichtspunkten von einer Leistungsklage ebenso zu unterscheiden wie von einer (unzulässigen) Klage auf positive Feststellung der widerrufsbedingten Entstehung eines Rückgewährschuldverhältnisses (vgl. BGH, Urt. v. 16.5.2017 – XI ZR 586/15, Rn 16 – hier wie im Folgenden zitiert nach juris).
Bildet einzig die Abwehr fortlaufend wiederkehrender Zahlungspflichten den Streitgegenstand des Verfahrens, ist für die Streitwertfestsetzung gem. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 S. 1 ZPO der dreieinhalbfache Jahresbetrag der monatlichen Ratenzahlungen anzusetzen, soweit nicht der Gesamtbetrag der verbleibenden Raten der geringere ist, § 9 S. 2 ZPO. Für das Darlehen über 200.000,00 EUR folgt hieraus bei einer monatlichen Darlehensrate von 433,33 EUR und einer monatlichen Bausparrate von 174,00 EUR ein Betrag von (607,33 EUR x 12 x 3,5 =) 25.507,86 EUR, während hinsichtlich des Darlehens über 17.000,00 EUR – für das die Parteien eine bereits am 1.11.2019 zu zahlende Schlussrate über 234,59 EUR vereinbart haben – bei Berufungseinlegung am 13.3.2018 einschließlich Schlussrate nur noch 20 Raten offen standen, woraus gem. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 S. 2 ZPO ein Streitwert von ([19 x 237,20 EUR =] 4.506,80 EUR + 234,59 EUR =) 4.741,39 EUR resultiert und der Streitwert für das Berufungsverfahren insgesamt somit 30.249,25 EUR beträgt.
b) Der Anwendung von § 9 ZPO steht dabei nicht entgegen, dass sie zu unterbleiben hat, soweit eine Klage einzelne aus einem Stammrecht fließende Leistungen verfolgt (vgl. Zöller-Herget, 32. Aufl., 2018, § 9 Rn 1). Denn eine auf die Zukunft gerichtete negative Feststellungsklage erfasst zwar auch sämtliche künftigen Einzelleistungen, stellt gerade wegen ihres umfassenden Abwehrinteresses notwendig aber bereits das Stammrecht selbst in Frage und fällt damit auch in den Anwendungsbereich von § 9 ZPO (a.A. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.4.2005 – 17 W 21/05, Rn 4, das die monatlich zu beanspruchenden Ratenzahlungen als aus dem Stammrecht fließende Nebenleistungen behandelt und deshalb den vollen Wert der noch offenen Darlehensvaluta ansetzt – dessen Fälligkeit sich die Bank in Fällen der vorliegenden Art indes, wie ausgeführt, gar nicht berühmt; wie hier OLG Köln, Beschl. v. 8.5.2018 – 4 W 16/18, Rn 12, u. v. 5.12.2017 – 4 U 56/17, Rn 5; OLG Hamm, Beschl. v. 13.12.2017 – 31 W 40/17, Rn 3).
Im Rahmen von § 9 S. 1 ZPO demgegenüber statt voller Einzelraten nur die darin enthaltenen Zinsanteile zugrunde zu legen (so OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.1.2018 – 6 U 238/16, Rn 79), scheidet hingegen aus, da diese Betrachtung nicht berücksichtigt, dass sich die Bank auf der Grundlage der von ihr nicht in Frage gestellten Fälligkeitsabrede ungeachtet variabler Zins- und Tilgungsanteile der Innehabung von Ratenzahlungsansprüchen in vertraglich vereinbarter gleich bleibender Höhe berühmt.
c) ...