I.
Die sofortige Beschwerde des Beklagtenanwalts war an sich sinnlos, weil die Frage des Gegenstandswerts der anwaltlichen Gebühren nicht im Kostenfestsetzungsverfahren zu klären ist. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist auch der Rechtspfleger hinsichtlich Anwaltsgebühren an den festgesetzten Streitwert gebunden (§ 32 Abs. 1 RVG). Er darf davon nicht abweichen und insbesondere keine eigenen Überlegungen zum Streitwert anstellen, obwohl dies regelmäßig geschieht. Daher war die Festsetzung des Rechtspflegers zutreffend. Auch das Beschwerdegericht war nicht dazu berufen, sich Gedanken über den Gegenstandswert der anwaltlichen Vergütung zu machen, obwohl auch das – wie hier – regelmäßig geschieht. Sowohl der Beklagtenanwalt als auch der Rechtspfleger und das OLG kennen offenbar die Rechtsprechung des BGH nicht. Wird im Kostenfestsetzungsverfahren der Gegenstandwert der zu erstattenden Gebühren bestritten, dann ist das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 148 ZPO auszusetzen und den Parteien Gelegenheit zu geben, die Frage der Wertfestsetzung in den Verfahren nach §§ 63, 68 GKG oder § 33 RVG zu klären. Ist dann der strittige Wert rechtskräftig festgesetzt, ist das Kostenfestsetzungsverfahren fortzusetzen. Das ist i.Ü. für das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG ausdrücklich geregelt (§ 11 Abs. 4 RVG). Insoweit handelt es sich auch nicht um einen bloßen Formalismus, da die Zuständigkeiten und Rechtsmittel in Kostenfestsetzungsverfahren und im Wertfestsetzungsverfahren unterschiedlich sind.
II.
Die Wertannahme des LG und des OLG ist allerdings zutreffend. Die gegenteilige Auffassung des OLG München ist unzutreffend. Zum Zeitpunkt der Einigung war die Forderung nicht unstreitig, da sie nach wie vor anhängig war. Auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen der Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV lagen hier nicht vor. Die Parteien haben nämlich nicht auf eine Titulierung des Anspruchs verzichtet, was aber bei der Variante einer Zahlungsvereinbarung über eine noch nicht titulierte Forderung erforderlich ist. Vielmehr hat der Kläger durch den gerichtlichen Vergleich ja gerade auf einer gerichtlichen Titulierung seiner Ansprüche bestanden. Abzurechnen war daher wie folgt:
1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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785,20 EUR |
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(Wert: 11.322,14 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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724,80 EUR |
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(Wert: 11.322,14 EUR) |
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3. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV |
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604,00 EUR |
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(Wert: 11.322,14 EUR) |
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
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2.134,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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405,46 EUR |
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Gesamt |
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2.539,46 EUR |
Der Beklagte hätte die hohe Einigungsgebühr vermeiden können, indem er zunächst ein Anerkenntnis abgegeben hätte, sodass das Gericht dann ein Anerkenntnisurteil erlassen hätte. Hätte man sich im Anschluss dann auf eine Ratenzahlung verständigt, wäre nur die Einigungsgebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV aus dem geringeren Wert des § 31b RVG entstanden; allerdings wäre dann daneben eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV angefallen.
I. Gerichtliches Verfahren |
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1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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785,20 EUR |
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(Wert: 11.322,14 EUR) |
|
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|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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|
724,80 EUR |
|
(Wert: 11.322,14 EUR) |
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|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
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1.530,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV) |
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|
290,70 EUR |
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Gesamt |
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1.820,70 EUR |
III.
Hier wäre jetzt nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG von einem höheren Wert auszugehen, da die zwischenzeitlich angefallenen Zinsen und die Prozesskosten hinzuzurechnen gewesen wären. Insoweit soll von einem Wert i.H.v. 15.000,00 EUR ausgegangen werden. Die Einigungsgebühr hätte sich auch jetzt auf 1,0 belaufen, da die Forderung noch anhängig gewesen wäre (Nr. 1003 VV). Die Anhängigkeit endet erst mit Rechtskraft, die auch bei einem Anerkenntnisurteil erst nach Ablauf der Berufungsfrist eintritt.
1. |
0,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
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195,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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2. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV |
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201,00 EUR |
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(Wert: bis 3.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
416,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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79,04 EUR |
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Gesamt |
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495,04 EUR |
Die gesonderte Zahlungsvereinbarung nach Anerkenntnis wäre also mit insgesamt 2.315,74 EUR um 223,72 EUR günstiger gewesen.
Norbert Schneider
AGS 1/2019, S. 19 - 21