Nach der Gegenauffassung[9] bildet ein sich aus einer Drittauskunft gem. § 802l ZPO ergebender weiterer Vollstreckungsauftrag mit dem Auftrag auf Einholung der Drittauskünfte dieselbe Angelegenheit und löst keine neue Gebühr aus, weil die Drittauskunft die weitere Maßnahme vorbereitet hat.

 

Beispiel 3

Der Rechtsanwalt hat wegen einer Vollstreckungsforderung über 5.050 EUR die Vermögensauskunft des Schuldners und anschließend eine Drittauskunft bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung des Schuldners eingeholt, aus der sich der Arbeitgeber des Schuldners ergibt. Deshalb wird vom Anwalt hinsichtlich des Arbeitseinkommens des Schuldners ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt.

Die Verfahren auf Einholung der Vermögensauskunft sowie das anschließende Verfahren auf Einholung von Drittauskünften bilden verschiedene Angelegenheiten. Daher entstehen insoweit zwei 0,3-Verfahrensgebühren Nr. 3309 VV, und zwar eine lediglich nach einem Wert i.H.v. 2.000,00 EUR (§ 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG: Vermögensauskunft) und eine nach einem Wert i.H.v. 5.050,00 EUR (Drittauskunft).

Das anschließende Verfahren auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bildet nach der o.g. Gegenauffassung mit dem Verfahren auf Einholung der Drittauskunft dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit, sodass für den Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hier keine neue Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV anfällt. Denn die Drittauskunft habe die anschließende Vollstreckungsmaßnahme vorbereitet, sodass die Drittauskunft und die anschließende Vollstreckungsmaßnahme dieselbe Angelegenheit bilden.

 

Beispiel 4

Der Rechtsanwalt hat wegen einer Vollstreckungsforderung über 5.050,00 EUR die Vermögensauskunft des Schuldners und anschließend Drittauskünfte bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung des Schuldners sowie beim Kraftfahrtbundesamt eingeholt. Die beiden Drittauskünfte verlaufen negativ. Anschließend wird auf Antrag des Anwalts ein Bankkonto des Schuldners durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändet.

Nur wenn alle eingeholten Drittauskünfte negativ verlaufen, können nach dieser Auffassung[10] mit diesen Drittauskünften nicht im Zusammenhang stehende Vollstreckungsmaßnahmen (hier: Bankkonto) eine neue Gebühr Nr. 3309 VV auslösen.

Diese Auffassung erscheint allerdings schon wenig praktikabel. Das Vollstreckungsorgan bzw. das Vollstreckungsgericht müsste hierfür bei Überprüfung der Vollstreckungskosten anlässlich einer beantragten Vollstreckungsmaßnahme nämlich wissen, ob und mit welchem Ergebnis zuvor Drittauskünfte eingeholt worden sind.

Außerdem bleibt unklar, warum bei der Vermögensauskunft des Schuldners gem. § 802c ZPO und den sich aus dem Vermögensverzeichnis ergebenden Vollstreckungsmöglichkeiten die insoweit ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen eine besondere Angelegenheit bilden sollen.[11] Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei der zu einer anschließenden Vollstreckungsmaßnahme führenden Drittauskunft (z.B. Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamts mit anschließender Vollstreckung in den Pkw des Schuldners) der den Gegenstand der Vollstreckung bildende Vermögensgegenstand konkret aus der Auskunft hervorgeht. Bei der Vermögensauskunft erteilt der Schuldner eine umfassende Selbstauskunft und der Gerichtsvollzieher wird beauftragt, die Pfändung und Verwertung von aus dem Vermögensverzeichnis hervorgehenden körperlichen Sachen zu betreiben. Ob hierdurch die Unterscheidung zwischen der Vermögensauskunft und der Drittauskunft mit der anschließenden Vollstreckungsmaßnahme gerechtfertigt ist, erscheint fraglich.

Denn in beiden Fällen unterscheidet sich der konkrete Zweck der einzelnen Vollstreckungsmaßnahme im Gesamtzusammenhang der Zwangsvollstreckung, was nach der Entscheidung des wesentlich ist.

[9] Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., § 18 Rn 40 ff.; Enders JurBüro 2015, 617, 619.
[10] Hartung/Schons/Enders, § 18 Rn 42; Enders JurBüro 2015, 617, 619.
[11] Hartung/Schons/Enders, § 18 Rn 23.

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