Die Klägerin hatte einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids auf Zahlung einer Rechtsanwaltsvergütung i.H.v. 3.044,14 EUR gestellt, der am 26.2.2013 beim Mahngericht einging. Der Mahnbescheid wurde dem Beklagten am 28.2.2013 zugestellt. Gegen diesen Mahnbescheid hat der Beklagte über seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch eingelegt (Eingang beim Mahngericht 14.3.2013). Ein Abgabeantrag seitens der Antragstellerin wurde nicht gestellt. Daraufhin stellte der Beklagte am 14.12.2017 den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens, worauf das Mahngericht am 18.12.2017 das Verfahren an das AG abgab.

Der Beklagte hat dort beantragt, Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen und die Klage abzuweisen. Hierzu hat er sich auf die zwischenzeitlich unstreitig eingetretene Verjährung berufen. Die Klägerin wurde mit Verfügung v. 9.1.2018 aufgefordert, den Anspruch zu begründen. Nachdem das AG Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt hatte, nahm die Klägerin am 15.5.2018 die Klage zurück.

Auf Antrag des Beklagten wurden der Klägerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Darauf beantragte der Beklagte, die Kosten gegen die Klägerin wie folgt festzusetzen:

 
Praxis-Beispiel
 
Mahnverfahren
0,5-Verfahrensgebühr Nr. 3307 VV 126,00 EUR
(Wert: 3.044,14 EUR)  
Postentgeltpauschale 20,00 EUR
Zwischensumme 146,00 EUR
19 % Umsatzsteuer 27,74 EUR
Gesamt 173,74 EUR
 
Streitiges Verfahren  
1,3-Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV   327,60 EUR
(Wert: 3.044,14 EUR)    
Postentgeltpauschale   20,00 EUR
Zwischensumme 347,60 EUR  
19 % Umsatzsteuer   66,04 EUR
Gesamt   413,64 EUR

Der Beklagte wies daraufhin, dass eine Anrechnung der im Mahnverfahren entstandenen Verfahrensgebühr i.H.v. insgesamt 173,74 EUR gem. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG nicht in Betracht komme, da zwischen Beendigung des Mahnverfahrens und der Durchführung des streitigen Verfahrens mehr als zwei Kalenderjahre vergangen seien.

Das AG hat bei der Festsetzung die Anrechnung der Mahnverfahrensgebühr zunächst berücksichtigt. Eine Erledigung sei nicht eingetreten. Von einer Erledigung sei regelmäßig auszugehen, wenn von dem Bevollmächtigten keine weiteren Handlungen zu erwarten seien, der Anwaltsvertrag also vollständig erfüllt sei und weiter wörtlich:

 
Hinweis

"Vorliegend ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung und dem Ablauf des Verfahrens davon auszugehen, dass die Angelegenheit mit Einlegung des Widerspruchs beim Mahngericht auf Seiten des Beklagten noch nicht abschließend erledigt war. Die Tatsache, dass der Rechtsanwalt bereits eine Vergütung gegenüber dem Auftraggeber geltend gemacht habe, stehe dem nicht entgegen."

Es ist lebensnah davon auszugehen, dass der Bevollmächtigte mit dem Auftraggeber bereits bei Erteilung des Auftrages besprochen hat, dass nach Einlegung des Widerspruches der Eintritt der Verjährung abgewartet und dann die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt werden soll. Allein die Tatsache, dass das Verfahren faktisch mehrere Jahre unterbrochen war, ändert nichts an dem Umstand, dass die Gebühr für das Mahnverfahren auf die Verfahrensgebühr 3100 VV anzurechnen ist. Vorliegenden musste sich der Bevollmächtigte gerade nicht neu in den Fall einarbeiten, sondern schlicht intern eine Frist (Eintritt der Verjährung) überwachen. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Auftrag nicht erledigt war und daher eine Anrechnung vorzunehmen ist.“

Hiergegen legte der Beklagte Erinnerung ein und begründete diese damit, dass das Mahnverfahren und das streitige Verfahren zwei verschiedene Angelegenheiten seien. Mit der Erhebung des Widerspruches sei alles gemacht worden, was im Mahnverfahren zu tun sei. Es sei eine nicht belegte Unterstellung, dass der Unterzeichner bereits mit der Durchführung des streitigen Verfahrens beauftragt gewesen sei.

Der Beklagte behauptet, die Sache sei vielmehr abgerechnet und weggelegt worden. Erst nach Ablauf der Verjährungsfrist sei die Sache wieder aufgenommen worden und der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt worden, nachdem sich der Beklagte nach dem Sachstand erkundigt habe.

Die Auffassung der Rechtspflegerin widerspreche zudem den Entscheidungen des AG Siegburg (AGS 2016, 218) und des OLG München (NJW-RR 2000, 1727 [= AGS 2001, 151]) sowie der Meinung der einhelligen Kommentarliteratur.

Die Rechtspflegerin half daraufhin der Erinnerung ab und setzte die Vergütung auf 587,38 EUR fest. Die Entscheidung lautet:

 
Hinweis

"In dem Kostenfestsetzungsbeschluss wurde die Anrechnung der 0,5-Verfahrensgebühr Nr. 3307 VV auf die 1,3-Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV vorgenommen, obwohl seit dem Abschluss des Mahnverfahrens mit Erhebung des Widerspruchs und der Einleitung des streitigen Verfahrens mehr als 2 Jahre vergangen sind und eine Anrechnung von Gebühren sodann gem. § 15 Abs. 5 S. 3 2. Hs. RVG entfällt."

Der Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 5 RVG eine Situation beschrieben, in der der Anwalt in derselben Angelegenheit weiter tätig wird. Dafür soll er grundsätzlich nicht mehr an Gebühren verdienen, als er erhalten hätte, wenn er vo...

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