ZPO §§ 91, 97, 104 Abs. 3 S. 1, 107, 567 Abs. 1 Nr. 1
Leitsatz
Zwar lässt die für die Partei gegebene Möglichkeit, eine Anpassung der Kostenfestsetzung an einen veränderten Streitwert gem. § 107 ZPO zu beantragen, nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine sofortige Beschwerde gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO entfallen. Wählt die Partei jedoch den – Kosten verursachenden – Weg der sofortigen Beschwerde und wendet sich mit dieser ausschließlich gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Streitwertfestsetzung, hat sie auch bei erfolgreicher Beschwerde die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Denn in diesem Fall besteht kein Grund, das kostenverursachende Beschwerdeverfahren zu wählen und die Gegenseite mit Kosten zu belasten, nachdem diese zunächst einen zutreffenden Kostenfestsetzungsantrag gestellt hatte, dem zu Recht stattgegeben worden war.
OLG Hamm, Beschl. v. 5.7.2019 – 25 W 170/19
1 Sachverhalt
Die Kläger wenden sich vorliegend gegen die Höhe gegen sie festgesetzter Kosten.
Die Kläger nahmen die Beklagte – im Ergebnis erfolglos – auf Feststellung und Zahlung nach Widerruf eines Darlehensvertrages in Anspruch. Nachdem das LG die Klage abgewiesen hatte, nahmen die Kläger ihre dagegen gerichtete Berufung zunächst mit Schriftsatz v. 11.2.2019 – bei Gericht per Fax eingegangen am 11.2.2019 um 9:54 Uhr – zum Teil und auf Hinweis des Senats im anschließenden Verhandlungstermin (am 11.2.2019 ab 11.00 Uhr) auch i.Ü. zurück. Der Senat setzt anschließend den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 6.000,00 EUR fest und entschied, dass die Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hätten.
Auf Antrag des Beklagtenvertreters hat der Rechtspfleger des LG daraufhin am 1.4.2019 entschieden, dass die Kläger der Beklagten zu je 1/2 Anteil insgesamt 1.224,38 EUR für das Berufungsverfahren zu erstatten hätten.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie darauf verweisen, dass sie gleichzeitig Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss des Berufungsgerichts eingelegt hätten. Der Streitwert sei zu hoch festgesetzt worden, weil die teilweise Berufungsrücknahme noch vor der mündlichen Verhandlung nicht berücksichtigt worden sei.
Der Berufungssenat hat den Streitwert für das Berufungsverfahren daraufhin für die Zeit bis zum 11.2.2019, 9:53 Uhr auf 6.000,00 EUR für die Zeit ab dem 11.2.2019, 9:54 Uhr auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde der Kläger nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zu Entscheidung vorgelegt. Die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil die Streitwertfestsetzung durch den Senat für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend sei. Dementsprechend habe die Beklagte einen zutreffenden Kostenfestsetzungsantrag gestellt und seien die Kosten seinerzeit zutreffend festgesetzt worden. Den Klägern hätte das – kostenlose – Verfahren nach § 107 ZPO zur Verfügung gestanden.
2 Aus den Gründen
II. Die nach §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 567 Abs. 2, 569 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Kläger ist zulässig und begründet.
1. Entgegen der Auffassung des Rechtspflegers lässt die für die Kläger zusätzlich gegebene Möglichkeit, eine Anpassung der Kostenfestsetzung an den veränderten Streitwert gem. § 107 ZPO zu beantragen, nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde gem. § 104 Abs. 3 S 1 ZPO entfallen. Vielmehr bestehen beide Verfahren wahlweise nebeneinander. Zwar ist das Verfahren gem. § 107 ZPO, bei dem weder weitere Gerichtskosten noch Rechtsanwaltskosten anfallen, kostengünstiger als das Beschwerdeverfahren. Nur mit Einlegung einer Beschwerde kann der Kostenschuldner aber die Aussetzung der Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses erreichen. Deshalb kann das Verfahren gem. § 107 ZPO nicht als genauso effektiv wie das Beschwerdeverfahren eingeordnet werden (OLG Hamm RVGreport 2004, 37; Musielak/Voit-Flockenhaus, ZPO, 16. Aufl., 2019, § 107 Rn 1; MüKo-ZPO/Schulz, 5. Aufl., 2016, § 107 Rn 3; BeckOK-Jaspersen, ZPO, Edition: 32, Stand: 1.3.2019, § 107 Rn 2, § 104 Rn 63a).
2. Die zugunsten der Beklagten festzusetzenden Kosten waren entsprechend herabzusetzen, nachdem der zuständige Berufungssenat seine Streitwertfestsetzung abgeändert hat.
Soweit es für die Höhe der Kosten auf den Gebührenstreitwert ankommt, ist der Rechtspfleger an eine diesbezügliche richterliche Streitwertfestsetzung im Hauptsacheverfahren gebunden (vgl. § 62 S. 1 GKG). Ist der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Wert gerichtlich festgesetzt worden, ist für die Berechnung der Rechtsanwaltsvergütung auf diesen abzustellen (BGH NJW-RR 2014, 765 und 892; Musielak/Voit-Flockenhaus, ZPO, 16. Aufl., 2019, § 104 Rn 4a; BeckOK-Jaspersen, ZPO, Edition: 32, Stand: 1.3.2019, § 104 Rn 26).
Danach war auf Seiten der Beklagten die Terminsgebühr nur nach einem Streitwert von 3.000,00 EUR, mithin i.H.v. 241,20 EUR zzgl. MwSt, d.h. insgesamt 287,03 EUR zu berücksichtigen. Damit ergibt sich – bei i.Ü. bleibender Berechnung wie im Kostenfestsetzungsantrag v. 20.2.2019 – ein Erstattungsanspruch der Be...