Bei der konkreten Bemessung der Verfahrensgebühr ist von der Mittelgebühr auszugehen. Bei der Bemessung der konkreten Gebühr muss sich der Rechtsanwalt von den Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG leiten lassen. Dabei kommt es vor allem auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit, sowie auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten an. Reicht die Verfahrensgebühr danach wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit des Verfahrens nicht aus, den Rechtsanwalt zumutbar zu entlohnen, kommt die Feststellung bzw. Gewährung einer Pauschgebühr nach §§ 42, 51 RVG in Betracht.
Auf der Basis sind dann alle Umstände und alle erbrachten Tätigkeiten, die vom Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr erfasst werden, zu berücksichtigen. Damit wird bei der Bemessung der Verfahrensgebühr der zusätzliche Aufwand, der für die erstmalige Einarbeitung anfällt, nicht berücksichtigt. Dieser Aufwand wird durch die Grundgebühr Nr. 4100 VV abgegolten. Erfasst von der (gerichtlichen) Verfahrensgebühr werden insbesondere auch die Tätigkeiten zur allgemeinen Vorbereitung der Hauptverhandlung, wie z.B. das intensive Bemühen um eine Verständigung (§ 257c StPO)/Absprache, die zu einer Abkürzung der Hauptverhandlung geführt hat. Das kann z.B. zur Folge haben, dass diese Tätigkeiten zu einer deutlich über der Mittelgebühr liegenden Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren führen, demgegenüber aber wegen des geringeren Zeitaufwands in der Hauptverhandlung für die Terminsgebühr allenfalls nur die Mittelgebühr gerechtfertigt ist. Von Bedeutung sind auch die Anzahl der vom Rechtsanwalt ggfs. geführten Gespräche, die Schwierigkeit der Beweisführung. Der Umfang der Anklageschrift hat bei Strafrichteranklagen, die i.d.R. sehr kurz sind, keine Bedeutung. Das OLG Stuttgart hat die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren (Nr. 4104 VV) um die Hälfte der Differenz zwischen Mittelgebühr und Höchstgebühr in einem Schwurgerichtsverfahren mit rund 600 Blatt Akten und schwieriger Sachlage (Aussage-gegen-Aussage-Konstellation) erhöht. Allein die Tatsache, dass dem Angeklagten im Falle einer Verurteilung eine unbedingte Freiheitsstrafe gedroht hätte, rechtfertigt aber nicht die Annahme einer 30 % über der Mittelgebühr liegenden Verfahrensgebühr.
Autor: Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 1/2022, S. 1 - 5