§§ 18 Abs. 1 Nr. 16, 25 Abs. 1 Nr. 4, 33 Abs. 1 RVG; §§ 802f, 802g ZPO
Leitsatz
- Im Verfahren über die Erteilung der Vermögensauskunft (§ 802c ZPO) bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet wird.
- Zu den Nebenforderungen zählen auch Zinsen und Kosten.
- Der Gegenstandswert beträgt jedoch höchstens 2.000,00 EUR.
BGH, Beschl. v. 18.11.2021 – I ZB 9/21
I. Sachverhalt
Der Gläubiger hatte gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid wegen einer Geldforderung i.H.v. 929,91 EUR nebst Zinsen und Kosten betrieben. Der gesamte Vollstreckungsbetrag belief sich auf 1.404,85 EUR. Zur Durchführung der Zwangsvollstreckung hatte der Gläubiger beim AG Berlin-Schöneberg auf elektronischem Wege einen Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher erteilt. Der Gläubiger hat die Abnahme der Vermögensauskunft und den Erlass eines Haftbefehls beantragt, falls die Schuldnerin dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleiben sollte. Das AG Berlin-Schöneberg hat beim Gläubiger den Vollstreckungsbescheid im Original angefordert. Nachdem dieser der Aufforderung nicht nachgekommen war, hat das AG den Antrag auf Erlas seines Haftbefehls zurückgewiesen. Mit seiner hiergegen an das LG Berlin gerichteten sofortigen Beschwerde hat sich der Gläubiger auf die Bestimmung des § 754a Abs. 1 ZPO bezogen. Das LG Berlin hat die sofortige Beschwerde des Gläubigers zurückgewiesen. Hiergegen hat der Gläubiger beim BGH die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Schuldnerin die Forderung beglichen. Hieraufhin hat der Gläubiger den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls für erledigt erklärt. Die Schuldnerin hat der Erledigungserklärung nicht widersprochen. Der BGH hat durch Beschl. v. 23.9.2021 gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO dem Gläubiger die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Hieraufhin hat der Verfahrensbevollmächtigte des Gläubigers beim BGH beantragt, den Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren festzusetzen. Auf diesen Antrag hat die Einzelrichterin des BGH (zur Zuständigkeit des Einzelrichters s. BGH AGS 2021, 471 [Hansens] = zfs 2021, 642 m. Anm. Hansens) den Gegenstandswert gem. § 33 Abs. 1 RVG durch Beschl. v. 18.11.2021 festgesetzt.
II. Bemessung des Gegenstandswertes
Das Verfahren über die Erteilung der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO ist für den mit der Zwangsvollstreckung beauftragten Rechtsanwalt gem. § 18 Abs. 1 Nr. 16 RVG eine besondere Angelegenheit. Auch das sich diesem Verfahren anschließende Beschwerdeverfahren und das vor dem BGH anhängige Rechtsbeschwerdeverfahren stellt gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG jeweils eine besondere Angelegenheit dar.
1. Gesetzliche Voraussetzungen
Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Streitwert gerichtlich festgesetzt, ist gem. § 32 Abs. 1 RVG diese Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Vorliegend ist eine Streitwertfestsetzung nicht erfolgt, da sich in dem beim BGH anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahren die gerichtlichen Gebühren nicht nach dem Streitwert richten. Die Einzelrichterin des BGH hat insoweit auf die Regelung in Nr. 2124 GKG KV verwiesen, wonach die dort bestimmte Festbetragsgebühr i.H.v. – ab 1.1.2021 – 66,00 EUR anfällt, soweit die Rechtsbeschwerde verworfen oder zurückgewiesen worden ist. Das war hier nicht der Fall, da das Rechtsbeschwerdeverfahren hier durch eine Entscheidung nach § 91a ZPO geendet hat. Für diesen Fall ist überhaupt keine gerichtliche Verfahrensgebühr vorgesehen.
Da es hier somit an einem für die Gerichtsgebühren des Rechtsbeschwerdeverfahrens maßgeblichen Streitwert fehlte, hatte der BGH den Gegenstandswert gem. § 33 Abs. 1 RVG auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers (s. § 33 Abs. 2 S. 2 RVG) festzusetzen.
2. Bemessung des Gegenstandswertes
Die Einzelrichterin des BGH hat für die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Rechtsbeschwerdeverfahren die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG herangezogen. Danach bestimmt sich der Gegenstandswert in Verfahren über die Erteilung der Vermögensauskunft (§ 802c ZPO) nach dem Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel geschuldet wird. Die Einzelrichterin des BGH hat darauf hingewiesen, dass zu diesen Nebenforderungen auch Zinsen und Kosten gehörten.
Damit setzt sich der Gegenstandswert nach den weiteren Ausführungen der Einzelrichterin des BGH aus dem im Vollstreckungsbescheid titulierten Hauptsachebetrag i.H.v. 999,91 EUR, den betragsmäßig nicht näher aufgeschlüsselten Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2019, den im Vollstreckungsbescheid angeführten Verfahrenskosten über 136,72 EUR, den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 147,56 EUR sowie aus den bisherigen Vollstreckungskosten i.H.v. 98,54 EUR zusammen. Damit kommt man – ohne die Zinsen auf die Hauptforderung – auf einen Gesamtbetrag von 1.382,73 EUR. Nicht in diese Berechnung einbezogen hat die Einzelrichterin des BGH die möglich...